Parteitag:Rechter Flügel siegt, AfD steht vor der Spaltung

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Parteigründer Bernd Lucke wird ausgebuht und abgewählt. Die neue Chefin Frauke Petry nennt den Islam "völlig fremd". Die AfD steht nun vor einer Abspaltung ihres liberal-konservativen Flügels.

Nach einem klaren Votum für Frauke Petry als neue alleinige Vorsitzende steht die Alternative für Deutschland (AfD) vor einer Abspaltung ihres liberal-konservativen Flügels um den Parteigründer Bernd Lucke. Der Europa-Abgeordnete deutete nach seiner Niederlage auf dem Parteitag in Essen an, dass er die AfD wohl in den nächsten Tagen verlassen werde. Noch sei aber nichts entschieden. Er schließt die Gründung einer neuen Partei offenbar nicht aus. Einige seiner Unterstützer erklärten bereits am Samstagabend ihren Austritt. Petry, die den nationalkonservativen Flügel vertritt, hatte den Kampf um den Parteivorsitz klar mit 60 Prozent der Stimmen gewonnen.

In der Grugahalle herrschten teilweise tumultartige Zustände. Lucke wurde mit Buh-Rufen niedergeschrien, das Parteitagspräsidium musste mehrmals zur Ruhe mahnen. Besonders als Lucke vor Vorurteilen gegen den Islam warnte, steigerte sich die Wut vieler Teilnehmer in offene Aggression. Lucke warf Petry vor, sich zu wenig nach rechtsaußen abzugrenzen.

Petry, die auch sächsische Landesvorsitzende ist, sagte, ihr Erfolg sei "kein Sieg der Konservativen über die Liberalen". Sie könne "keinen Rechtsruck dieser Partei erkennen". Die 40-Jährige warf Lucke vor, einen solchen herbeizureden. Es sei von Anfang an klar gewesen, "dass wir in die rechte Ecke geschoben werden". Es gehe darum, diese Anfeindungen auszuhalten. Besonders laut gefeiert wurde allerdings ihre Aussage, der Islam transportiere ein Staatsverständnis, das uns in Mitteleuropa "völlig fremd ist und mit dem deutschen Grundgesetz nicht vereinbar". Themen, bei denen die AfD mehr punkten wolle, seien außer Einwanderungspolitik und Euro-Kritik auch die Familienpolitik. Bei einer Abstimmung über die größten Probleme Deutschlands setzten die Parteimitglieder "ungesteuerte Einwanderung" an Platz eins, gefolgt von den Punkten "Euro-Krise" und "mangelnde Kinderzahl". Lucke und seine Anhänger hatten sich nach seiner Niederlage gegen Petry nicht mehr um einen anderen Posten beworben. Lucke sagte im Gespräch mit Anhängern, Petry sei zwar mehr an Macht interessiert als an rechtem Gedankengut. Es werde ihr aber wahrscheinlich auf Dauer nicht gelingen, den Einfluss der Mitglieder vom rechten Rand einzudämmen. Ebenso wandte er sich "ganz entschieden" gegen die Darstellung des NRW-Landesvorsitzenden Marcus Pretzell, die AfD sei auch eine Pegida-Partei. Der Europa-Abgeordnete Hans-Olaf Henkel sagte, der neue Vorstand mache die Partei zu einer "NPD im Schafspelz." Die AfD war bisher von drei gleichberechtigten Sprechern - Lucke, Petry und Konrad Adam - geführt worden. Bis zum Jahresende wird Petry die Partei nun zusammen mit dem baden-württembergischen Volkswirtschaftsprofessor Jörg Meuthen leiten, danach wird sie alleinige Vorsitzende. Die übrigen Mitglieder im Vorstand werden alle dem rechten Spektrum zugerechnet. Der Publizist Adam schaffte es nicht mehr in den erweiterten Vorstand.

© SZ vom 06.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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