Parteitag der Grünen:"Eine ganz neue Freundschaft"

Lesezeit: 2 min

Die Grünen wollen bei der Bundestagswahl dritte politische Kraft werden. Ihre Botschaft: Aus der Wirtschaftskrise kommt man nur mit grünen Ideen heraus. Das Augenmerk der Grünen soll der Automobil- und Chemieindustrie gelten.

Daniel Brössler, Berlin

Mit einem stark wirtschaftspolitisch ausgerichteten Programm wollen die Grünen dritte politische Kraft in Deutschland werden. Das machten sie zu Beginn ihres dreitägigen Parteitages in Berlin deutlich. "Aus dieser Krise führt nur ein Weg - aus dieser Krise kann nur Grün führen", sagte Parteichef Cem Özdemir am Freitagabend.

Es grünt so grün, wenn Claudia Roth sich in Szene setzt - und sei es im knallroten Mantel. Die Grünen-Chefin vor Beginn des Parteitags im Berliner Velodrom. (Foto: Foto: dpa)

"Grüne Politik hat nicht nur den Klimaschutz im Blick, sondern zugleich auch die Zukunft unserer Wirtschaft", hob Özdemir hervor. Er kritisierte die Politik der großen Koalition und der FDP: "Die anderen haben eine Menge verbockt in unserem Land", so Özdemir.

Man trete mit dem Anspruch an, "die Antwort auf die Krise zu haben und dritte Kraft zu werden", bekräftigte noch vor Beginn des Parteitages der Spitzenkandidat Jürgen Trittin. Bisher sind die Grünen fünftstärkste Fraktion im Bundestag.

Trittin und seine Co-Spitzenkandidatin Renate Künast zeigten sich überzeugt, dass der Streit über Koalitionsoptionen den Parteitag nicht überschatten werde. Bei dem bis Sonntag dauernden Parteitag im Velodrom sollten die 870 Delegierten über das Programm für die Bundestagswahl im September entscheiden. Dazu ist die Rekordzahl von 1241 Änderungsanträgen eingegangen.

"Eine ganz neue Freundschaft"

Nach dem Willen der Parteiführung soll als zentrale Botschaft das Versprechen von einer Million neuer Arbeitsplätze von dem Parteitag ausgehen. "Mit unserem 'grünen New Deal' wollen wir investieren in Klima, Gerechtigkeit und Bildung. Damit schaffen wir eine Million Jobs", heißt es im Programmentwurf. Die notwendigen Investitionen hierfür beziffern die Grünen auf 80 Milliarden Euro über einen Zeitraum von vier Jahren.

Der Partei gehe es darum, sich wirtschaftspolitisch kompetent zu präsentieren, sagte Künast. Dazu gehöre auch das Augenmerk auf Wirtschaftsbereiche wie die Automobil- und die Chemieindustrie, die nur mit ökologischen Technologien überlebensfähig seien. "Es könnte der historische Auftakt einer ganz neuen Freundschaft werden", sagte Künast.

Zur Finanzierung ihrer Vorhaben plädieren die Grünen für eine stärkere Belastung der Wohlhabenden. Im Programmentwurf wird eine zeitlich befristete Vermögensabgabe gefordert, die zur Tilgung der Kosten der Finanzkrise beitragen soll. Es müssten vor allem jene einen Beitrag leisten, "die in Zeiten des Finanzmarktkapitalismus von der Krise profitiert und große Vermögen aufgebaut haben".

Zur Krisenbewältigung seien auch neue Schulden nötig, räumte Künast ein. "Aber man muss sie legitimieren können", betonte die Spitzenkandidatin. Aus den grünen Plänen für einen Umbau von Gesellschaft und Wirtschaft ergebe sich eine derartige Legitimation.

Streit in der Programmdebatte zeichnete sich vor allem in der Sozialpolitik ab. Teile der Partei halten die im Entwurf geforderte Anhebung des Arbeitslosengelds II auf 420 Euro nicht für ausreichend. Unterschiedliche Positionen gibt es auch zur Forderung nach einer Kindergrundsicherung sowie in der Renten- und der Haushaltspolitik.

Trittin prophezeit "überwältigende Mehrheit"

Sowohl die Parteiführung als auch die Spitzenkandidaten waren aber im Vorfeld des Parteitags bemüht, den Eindruck grundsätzlicher Konflikte zu vermeiden. Trotz der hohen Zahl von Änderungsanträgen sei die Zustimmung zu den Grundlinien des Programms sehr hoch, wurde versichert.

Den in den Wochen vor dem Parteitag in besonderer Schärfe ausgetragenen Konflikt um Koalitionsoptionen erklärten Künast und Trittin für beendet. Die vom Vorstand formulierte Wahlaussage werde am Sonntag "mit überwältigender Mehrheit" beschlossen werden, prophezeite Trittin. In dem Aufruf wird, anders als von den Spitzenkandidaten ursprünglich angestrebt, die Ampel-Koalition aus SPD, FDP und Grünen nicht als Machtoption benannt.

Stattdessen enthält der Text ein allgemeines Bekenntnis zum Regierungswillen und eine Absage an eine Jamaika-Koalition mit Union und FDP. Der Bundestagsabgeordnete Thilo Hoppe zog am Freitag seinen Antrag zurück, in dem er Gesprächsbereitschaft für Rot-Rot-Grün gefordert hatte.

© SZ vom 09.05.2009/mikö - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: