Parteiinterne Debatte:CSU-Abgeordnete zitieren Stoiber nach Berlin

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Die Personaldebatte um den CSU-Chef geht weiter. Mitglieder der Bundestags-Landesgruppe fordern, dass Stoiber erklären soll, wieso er nun doch nicht Wirtschaftsminister wird. Generalsekretär Söder wies einen Bericht zurück, Stoiber habe wegen persönlicher Differenzen mit Angela Merkel entschieden, in München zu bleiben.

Es sei "absoluter Quatsch", sagte Söder in der ARD-Sendung "Sabine Christiansen". Nach Söders Angaben habe sich Stoiber für die Übernahme eines Ministeramtes in der großen Koalition entschieden, weil auch die Chefs von CDU und SPD ein Kabinettsamt annehmen wollten.

Die CSU-Landtagsfraktion mit Edmund Stoiber zu Besuch bei Papst Benedikt XVI. (Foto: Foto: Reuters)

Diese Voraussetzung sei mit dem Rücktritt Franz Münteferings als SPD-Vorsitzender entfallen: Edmund Stoiber habe für sich entschieden, dass er aus München heraus "besser für die CSU Politik gestalten und auch Unterstützung für die große Koalition leisten kann".

Die Bild am Sonntag hatte berichte, Stoiber habe bei seiner Audienz bei Papst Benedikt XVI. am vergangenen Donnerstag diesem mit Blick auf Merkel gesagt, es sei nun einmal so, "dass ich mit ihr nicht kann".

CSU-Bundestagsabgeordnete fordern Aussprache

Mitglieder der CSU-Landesgruppe im Bundestag fordern, dass Edmund Stoiber ihnen seinen überraschenden Verzicht auf das Amt des Bundeswirtschaftsministers in Berlin detailliert erläutert. Dies berichtet die Bild-Zeitung.

"Ich erwarte von Edmund Stoiber, dass er der CSU-Landesgruppe in Berlin seinen Schritt erklärt. Ich fordere ihn auf, sich einer umfangreichen Aussprache zu stellen", sagte der CSU-Abgeordnete Andreas Scheuer dem Blatt. In der "angespannten Lage" müssten gemeinsam Lösungen erörtert werden, "wie wir uns künftig personell aufstellen."

Auch der CSU-Abgeordnete Herbert Frankenhauser habe eine Aussprache verlangt. Stoiber solle der CSU-Landesgruppe im Bundestag darlegen, was ihn bewogen habe, doch nicht Wirtschaftsminister zu werden.

CSU-Politiker fordern anderen Führungsstil

Hohe CSU-Politiker haben nach der von Parteichef Edmund Stoiber ausgelösten Krise einen neuen Führungsstil des bayerischen Ministerpräsidenten verlangt. Mit Lippenbekenntnissen wollen sich mehrere von Stoibers Vorstandskollegen nach den heftigen Turbulenzen um Stoibers Rückzug von einem Berliner Ministeramt nicht zufrieden geben.

Landtagspräsident Alois Glück sagte, die Weiterentwicklung der CSU werde sich bis Ostern entscheiden. Am Mittwoch will die CSU-Landtagsfraktion in München die Querelen in großer Runde mit Stoiber besprechen. Der CSU-Chef wandte sich am Sonntag in einem Brief an CSU-Funktionäre und versprach darin, verstärkt das Gespräch mit ihnen zu suchen.

Landtagsfraktionschef Joachim Herrmann hatte angekündigt, die Abgeordneten wollten mit Stoiber "intensiv" über Verbesserungen diskutieren. CSU-Generalsekretär Markus Söder sagte der Nachrichtenagentur dpa, Stoiber werde sich der Debatte stellen. "Es gibt Verunsicherung, es gibt eine Diskussion, und die will der Ministerpräsident auch führen."

Stoiber schreibt Brief an Funktionäre

Nach einem Bericht der Münchner Abendzeitung erklärt der CSU-Chef in dem Rundbrief: "Die CSU steht vor großen Herausforderungen, die wir nur gemeinsam bewältigen können." Er wolle in den nächsten Wochen und Monaten verstärkt "mit den Repräsentanten unserer Partei" diskutieren. "Ihre Anregungen und auch die Diskussionen der vergangenen Wochen werde ich selbstverständlich aufgreifen", schreibt er.

Auch in der Schwesterpartei CDU hielt die Kritik am Wochenende an: "Seit Monaten Hü und Hott - so kann man Deutschlands Probleme nicht lösen", sagte Sachsens Ministerpräsident Georg Milbradt. "Und so erschwert man der Union und Angela Merkel das Geschäft."

Spekulationen um Stoibers Kanididatur 2008

Zunächst lösten Spekulationen Unruhe aus, Stoiber könne bei der nächsten Landtagswahl 2008 nicht mehr als Spitzenkandidat antreten. Der designierte Wirtschaftsminister Michael Glos äußerte sich in der Bild am Sonntag zurückhaltend: "Ich gehe davon aus", sagte er zur Stoiber-Kandidatur. "Aber die Weichen für die Landtagswahlen werden 2007 gestellt. Weichensteller ist die Landtagsfraktion."

Landtagspräsident Glück sagte der dpa: "Es herrscht eine tiefe Besorgnis und Verunsicherung in der Partei." Es müsse das Wirklichkeit werden, was Stoiber angekündigt habe: "Eine gründliche Aufarbeitung der Irritationen." Eine Personaldebatte wäre jedoch viel zu kurz gesprungen. Der Vorsitzende der CSU-Grundsatzkommission plädierte für eine neue Kursbestimmung. Er traue Stoiber zu, "von seiner Kraft und seinen Fähigkeiten her einen Neuanfang positiv zu gestalten", betonte Glück am Sonntag.

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