Parlamentswahlen in Europa:Machtwechsel in Slowenien und Kroatien

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In Slowenien und Kroatien haben die Bürger gewählt - und sich in beiden Ländern für einen Machtwechsel entschieden. Im angehenden EU-Mitglied Kroatien hat wie erwartet ein oppositionelles linksliberales Bündnis gewonnen, im Euro-Land Slowenien ist ein Polit-Neuling zum Überraschungssieger geworden.

Enver Robelli, Zagreb

Die Wähler im nächsten EU-Mitglied Kroatien und im Euro-Land Slowenien haben am Sonntag jeweils einen Machtwechsel herbeigeführt. In den beiden ehemaligen jugoslawischen Teilrepubliken stimmten die Bürger mitten in der Wirtschaftskrise über neue Parlamente ab.

In Kroatien gewann erwartungsgemäß ein oppositionelles linksliberales Bündnis. Nachwahlbefragungen zufolge gewann die sogenannte Kukuriku-Koalition, die von der Sozialdemokratischen Partei (SDP) angeführt wird, knapp 45 Prozent der Stimmen. Die seit acht Jahren regierende konservative Partei HDZ erlitt eine historische Niederlage; sie kam auf lediglich 22 Prozent. Die HDZ war wegen zahlreichen Korruptionsaffären in der Wählergunst abgestürzt.

Seit Anfang November steht der frühere Ministerpräsident Ivo Sanader vor Gericht. Er soll ein engmaschiges Korruptionssystem aufgebaut haben. Mehrere HDZ-Funktionäre sind zuletzt ins Visier der Justiz geraten. Regierungschefin Jadranka Kosor hat zwar seit dem Rücktritt von Ivo Sanader im Sommer 2009 den Kampf gegen die Korruption verschärft und kürzlich die EU-Beitrittsverhandlungen abgeschlossen. Doch als die Justiz im Wahlkampf Anklage wegen schwarzer Kassen gegen die Gesamtpartei erhob, war endgültig klar, dass die HDZ in die Opposition muss.

Neuer kroatischer Ministerpräsident wird Zoran Milanovic. Der ehemalige Diplomat ist Vorsitzender der SDP. Die Adriarepublik wird am nächsten Freitag den Beitrittsvertrag mit der EU unterzeichnen. Danach müssen die Bürger innerhalb von 30 Tagen in einem Referendum über den EU-Beitritt entscheiden. Die Aufnahme in die EU ist für den 1. Juli 2013 vorgesehen.

Der neue Premier übernimmt ein tief verunsichertes Land. Die HDZ hatte in den vergangenen Jahren viele Reformen angekündigt, aber fast keine umgesetzt. Die Arbeitslosigkeit steigt, viele Staatsunternehmen sind zahlungsunfähig und werden vom Staat alimentiert. Die Auslandsverschuldung steigt und erreichte zuletzt 103 Prozent der Wirtschaftsleistung. Nur ein Drittel der im arbeitsfähigen Alter befindlichen Kroaten hat einen Job. Der 4,5 Millionen Einwohner zählende Staat muss zudem für über eine halbe Million Kriegsveteranen aufkommen. Die neue Regierung muss tiefgreifende Reformen durchsetzen, um eine Staatspleite abzuwenden.

Überraschung in Slowenien

In Slowenien ist das Wahlergebnis eine große Überraschung: Dort gewann entgegen allen Prognosen der Bürgermeister von Ljubljana, Zoran Jankovic, die meisten Stimmen. Seine erst vor ein paar Wochen gegründete Partei Positives Slowenien lag mit knapp 30 Prozent in Führung. Umfragen hatten einen Wahlsieg der konservativen Slowenischen Demokratischen Partei (SDS) des ehemaligen Ministerpräsidenten Janez Jansa vorhergesagt. Die Sozialdemokraten des bisherigen Regierungschefs Borut Pahor erhielten nur zehn Prozent der Stimmen.

Jankovic, ein gebürtiger Serbe, ist als ehemaliger Chef der Handelskette Mercator auf dem ganzen Balkan bekannt. Im Wahlkampf profitierte er von seinem Macher-Image. Ex-Premier Jansa, der unter Korruptionsverdacht steht, unterschätzte lange die neue Konkurrenz.

Die Mitte-Links-Regierung in Slowenien stürzte im September, nachdem sie mit ihren Reformvorhaben gescheitert war. Im Frühling lehnten die Slowenen eine Rentenreform ab. Auch Kürzungen bei den Staatsausgaben fanden keine Unterstützung.

© SZ vom 05.12.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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