Panzerabwehrraketen für Libyen:Bundesregierung verteidigt umstrittenes Rüstungsgeschäft

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Schützenhilfe aus Berlin: Während Frankreichs Präsident Sarkozy wegen der geplanten Waffenlieferung an Libyen innenpolitisch unter Druck steht, verteidigt die deutsche Regierung das strittige Geschäft.

Die Welt ist ungerecht: In Frankreich wird Präsident Nicolas Sarkozy wegen der geplanten Waffenlieferung an Libyen heftig kritisiert - in Deutschland hingegen geht die Bundesregierung mit dem umstrittenen Waffengeschäft betont gelassen um. Der stellvertretende Regierungssprecher Thomas Steg erklärte am Montag in Berlin: "Die französische Rüstungsexportpolitik widerspricht nicht dem Geiste der deutsch-französischen Zusammenarbeit".

Britische Fallschirmjäger üben den Einsatz von Panzerabwehrraketen vom Typ "Milan", die auch an Libyen geliefert werden sollen (Archivfoto von 2003) (Foto: Foto: dpa)

Wie sich nun herausstellte, war die Bundesregierung über die monatelangen Verhandlungen zwischen Frankreich und Libyen über die geplanten Waffenlieferungen zudem bereits im Vorfeld informiert. Die Verhandlungen seien aber völlig unabhängig vom Fall der erst kürzlich in Libyen freigelassenen bulgarischen Krankenschwestern zu sehen, sagte Steg: "Das ist aus unserer Sicht deutlich zu trennen."

Steg betonte, bei den "sogenannten Rüstungslieferungen" handele es sich noch nicht um fertige Verträge, sondern bislang nur um Absichtserklärungen.

Zustimmung überflüssig

Der EADS-Konzern, an dem auch DaimlerChrysler als Großaktionär beteiligt ist, will über eine Tochterfirma Panzerabwehrraketen und Kommunikationssysteme für etwa 300 Millionen Euro an Libyen liefern.

Mit Blick auf Kritk aus der SPD betonte Steg, dass Frankreich eine ausdrückliche Zustimmung Deutschlands zu dem Waffengeschäft nicht brauche. Nach einem bilateralen Vertrag von 1972 sei bei Rüstungsgeschäften, die Gemeinschaftsprojekte oder -unternehmen beträfen, keine Zustimmung notwendig, wenn es zuvor Konsultationen oder Informationen gegeben habe.

Der stellvertretende SPD-Fraktionschef Walter Kolbow hatte die Bundesregierung am Montagmorgen zu einer eingehenden Prüfung aufgefordert, ob sie dem geplanten Waffengeschäft mit Libyen zustimmen kann. Kolbow verwies darauf, dass die Europäische Union auch nach Ende des Waffenembargos vor drei Jahren eine zurückhaltende Politik gegenüber Libyen verfolge. Er betrachte das Geschäft mit großer Vorsicht.

"Ohnehin ist es mehr als fraglich, ein Waffengeschäft mit einer humanitären Aktion zu verbinden", sagte Kolbow unter Anspielung auf die kurz vor Bekanntwerden des Geschäfts freigelassenen bulgarischen Krankenhausmitarbeiter aus libyscher Haft. Diese waren dort trotz internationaler Proteste über Jahre im Gefängnis, weil sie Kinder in einem Krankenhaus angeblich vorsätzlich mit dem Aids-Virus angesteckt hätten.

"Soll ich mich entschuldigen?"

Wie Regierungssprecher Steg hatte auch der französische Staatspräsident Sarkozy wiederholt jeden Zusammenhang zwischen der Freilassung der Krankenhausmitarbeiter und dem Waffendeal mit Libyen zurückgewiesen. Das Geschäft sei vielmehr das Resultat von 18-monatigen Verhandlungen zwischen Libyen und dem EADS-Konzern. Das Land zahle mehrere hundert Millionen Euro, mit denen in französischen Fabrik Arbeit geschaffen werde. "Soll ich mich entschuldigen?", fragte der Präsident rhetorisch.

Die französischen Sozialisten haben die Einsetzung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses gefordert, der die Umstände der Freilassung der Krankenschwestern klären soll. Sarkozy erklärte, wenn der Ausschuss ihn als Zeugen anhören wolle, habe er nichts zu verbergen.

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