Pakistan:Grün funkelnder Terror

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Schwerer Schlag im Anti-Terror-Kampf: Die Taliban erobern in Pakistan eine lukrative Smaragd-Mine - und demonstrieren damit die Ohnmacht der Regierung.

Tobias Matern

Es ist der Stoff, aus dem Romane entstehen. Terroristen stürmen eine Edelsteinmine, vertreiben das Wachpersonal, bauen Smaragde ab und nutzen die Einkünfte aus dem lukrativen Geschäft, um ihre Operationen zu finanzieren. Was sonst für Krimis taugt, ist nun im pakistanischen Shangla tatsächlich geschehen.

Im Grenzgebiet zwischen Afghanistan und Pakistan sind die westlichen Militärs häufig ohnmächtig gegenüber den Machenschaften der Taliban. (Foto: Foto: Reuters)

Schwerbewaffnete Taliban haben nach pakistanischen Medienberichten im Swat-Tal, das im Grenzgebiet zu Afghanistan liegt, einen Smaragd-Tagebau übernommen und den Arbeitern ein Angebot gemacht, das sie nur schwer ablehnen konnten: Von nun arbeitet ihr für uns, ihr werdet an den Erlösen beteiligt, versprachen die selbsternannten Gotteskrieger. Bisher verdienten die Tagelöhner nur ein paar Dollar am Tag. Tausend Menschen seien dem Aufruf gefolgt, zitierte die Zeitung Daily Times einen Politiker aus der Region.

Die Ohnmacht der Regierung

"Die Regierung hat das Swat-Tal den Taliban nun förmlich übergeben", sagte ein pakistanischer Sicherheitsexperte in der Provinzhauptstadt Peschawar der Süddeutschen Zeitung am Donnerstag zu den Vorgängen um die Edelsteinmine. In der unruhigen Region hatten die Rebellen bereits im Februar eine Vereinbarung mit den Behörden getroffen: Nach langen Kämpfen mit der pakistanischen Armee erklärten sie sich zu einer Waffenruhe bereit - und können dafür nun ihre Bedingungen diktieren.

Seitdem gilt im Swat-Tal die Scharia, das islamische Recht. Das heißt: Frauen dürfen sich nicht mehr allein auf der Straße blicken lassen, Mädchenschulen bleiben geschlossen. CD-Läden und alles, was die Taliban sonst für unislamisch erklären, brennen sie nieder.

Dass der pakistanischen Regierung vollends die Kontrolle über ganze Landstriche entgleitet, ist für den Anti-Terror-Kampf des Westens ein schwerer Schlag. Taliban und al-Qaida haben ihre Rückzugsgebiete nach Pakistan verlagert und sickern über die unkontrollierbare Grenze ungestört nach Afghanistan ein, um gegen die Nato-Truppen zu kämpfen. "Was mit den Minen geschieht, ist die finale Bankrotterklärung des Staates", sagte der Sicherheitsexperte in Peschawar.

Geld für den Dschihad

Bislang finanzierten die Militanten ihren Kampf gegen die westlichen Truppen in Afghanistan vor allem mit den Einnahmen aus dem Drogengeschäft. Mehr als 90 Prozent des weltweiten Opiums stammen aus Afghanistan. Nun haben sie offenbar die Bodenschätze in der Region als weitere Finanzquelle für ihren Dschihad entdeckt.

Mit Smaragden lassen sich große Gewinne erzielen. Die Berge in der Region sind voller Bodenschätze, sie sind schwer zugänglich und nur teilweise ausgebeutet. So haben Afghanistan und Pakistan in Südasien die größten bekannten Smaragd-Vorkommen. Die grün funkelnden Edelsteine aus der Region erreichen nach Angaben von Experten internationales Qualitätsniveau, werden aber bisher kaum professionell abgebaut. Peschawar gilt als ein Zentrum des pakistanischen Edelsteinhandels, regionale Händler sollen mit den Taliban bereits gute Geschäfte machen.

In pakistanischen Zeitungen heißt es, eine amerikanische Firma habe den Tagebau in Shangla betrieben und dem Staat Pacht für die Mine bezahlt. Nachdem sich die Sicherheitslage in der Gegend aber zunehmend verschlechtert hatte, zog sich das Unternehmen zurück - angeblich bereits vor längerer Zeit. Die Taliban haben dieses Vakuum nun gefüllt. Den Tagelöhnern aus der Region ist es egal, für wen sie arbeiten. Sie sind froh, überhaupt wieder ein regelmäßiges Einkommen zu haben.

© SZ vom 03.04.2009/jree - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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