Pädophilie:Papst will keine Nachlässigkeit dulden

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Der Vatikan will im Kampf gegen sexuelle Gewalt gegen Kinder die Bischöfe stärker in die Pflicht nehmen. Kirchenobere, die nachlässig handeln, sollen künftig ihr Amt verlieren, bestimmte Papst Franziskus.

Von Oliver Meiler, Rom

Der Papst verschärft den Umgang mit seinem Personal in Fällen von sexuellem Missbrauch von Kindern. In einem sogenannten Motu proprio, einem von ihm selbst veranlassten und sofort wirksamen Rechtsdokument mit dem Namen "Wie eine liebevolle Mutter", stuft Franziskus auch Nachlässigkeit, Vertuschung und Handlungsunterlassung von Bischöfen und Ordensoberen als "schwerwiegende" Gründe ein, die zu einer Amtsenthebung führen können - sofern es denn "ernsthafte Beweise" dafür gebe. In der jüngeren Vergangenheit sind viele Fälle pädophiler Priester bekannt geworden, die von ihren Vorgesetzten geschützt oder in andere Gemeinden versetzt worden waren. Manche dieser Skandale liegen schon Jahrzehnte zurück, werfen aber bis heute einen Schatten auf die katholische Kirche.

Schon Franziskus' Amtsvorgänger Johannes Paul II. und Benedikt XVI. hatten Maßnahmen eingeleitet, um das Problem anzugehen. Das Motu proprio ergänzt das Kirchenrecht nun auf zwei knappen Seiten und mit fünf zusätzlichen Artikeln, die sich mit der Amtsausübung hoher Geistlicher beschäftigen. Das Dokument war seit einem Jahr in Arbeit und gehört zu den Reformbestrebungen des Pontifex. In der Einleitung schreibt der Papst, die Kirche liebe alle ihre Kinder, schütze und kümmere sich aber mit außergewöhnlicher Zuneigung um die kleinsten und schutzlosesten unter ihnen. Darum obliege es den Bischöfen, mit besonderer Sorgfalt darüber zu wachen, dass der Schutz gewährleistet sei.

Das Kirchenrecht sah bereits vor, dass Kaderleute ihr Amt verlieren, wenn "schwerwiegende Gründe" dafür sprechen, so zum Beispiel der Besitz pädopornografischen Materials. Außer Handlungen sollen nun erstmals auch Unterlassungen bei der Amtsausübung direkte Folgen haben, auch wenn die Bischöfe oder Ordensoberen selbst keine "schwere moralische Schuld" treffe. Zuständig ist in diesen Fällen nicht die Glaubenskongregation, die auch fortan die eigentlichen Fälle des sexuellen Missbrauchs untersucht, sondern je nach Angelegenheit vier andere Kongregationen. Die Bischöfe werden informiert, wenn Ermittlungen eingeleitet werden, können sich aber verteidigen. In letzter Instanz entscheidet der Papst, der sich mit einem Rat von Kirchenrechtlern umgibt.

© SZ vom 06.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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