Oslo:Friedensnobelpreis für Atomenergiebehörde

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Der diesjährige Friedensnobelpreis geht an die Internationale Atomenergiebehörde und ihren Generaldirektor Mohamed el-Baradei. Das Nobelpreiskomitee würdigte damit den Einsatz der UN-Organisation für die Nichtweiterverbreitung von Atomwaffen.

"In einer Zeit, in der die Bedrohung durch Nuklearwaffen wieder zunimmt", wolle das Norwegische Nobelkomitee mit seiner Entscheidung unterstreichen, dass dieser Bedrohung mit einer umfassenden internationalen Zusammenarbeit begegnet werden müsse, heißt es in der Begründung.

Der Ägypter Mohammed el-Baradei steht der Internationale Atomenergiebehörde vor (Foto: Foto: dpa)

Die Bemühungen um Abrüstung befänden sich zurzeit offenbar in einer Sackgasse, kritisierte das Komitee. Die Internationael Atomenergiebehörde setze sich dafür ein, dass die Atomenergie nicht für militärische Zwecke verwendet werde, heißt es in der Begründung. Der Bedrohung durch Atomwaffen müsse mit einer umfassenden internationalen Zusammenarbeit begegnet werden.

Bedrohung durch Atomwaffen nimmt zu

"Dieser Grundsatz findet heute seinen klarsten Ausdruck in der Arbeit der IAEA und ihres Generaldirektors", erklärte das Preiskomitee. In der Würdigung wird auf die Gefahr hingewiesen, dass immer mehr Staaten Atomwaffen entwickeln.

Auch sei zu befürchten, dass sich terroristische Gruppen in den Besitz von Atomwaffen bringen könnten. Bisher habe die Welt wenig erreicht, um die Rolle von Atomwaffen in den internationalen Beziehungen zu verringern oder sie ganz abzuschaffen. "Dies macht die aktive Opposition gegen Atomwaffen heute umso wichtiger."

Als aussichtsreiche Kandidaten galten zudem die US-Senatoren Richard Lugar und Sam Nunn, die sich um die Entwaffnung in der früheren Sowjetunion verdient gemacht haben.

Aber auch die von Überlebenden der Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki gebildete Organisation Nihon Hidankyo wurden 60 Jahre nach den Bombenabwürfen auf Japan als heiße Anwärter gehandelt.

Vor dem Hintergrund der Atomverhandlungen mit Nordkorea und dem Iran war damit gerechnet worden, dass Organisationen oder Einzelpersonen, die sich dem Kampf gegen Atomwaffen verschrieben haben, in diesem Jahr geehrt werden würden.

Chancen wurden auch dem ehemaligen finnischen Präsidenten Martti Ahtisaari eingeräumt. Dieser hat schon in vielen Konflikten der Welt vermittelt, zuletzt in der indonesischen Unruheprovinz Aceh.

Schröder gratuliert el-Baradei

Bundeskanzler Gerhard Schröder bezeichnete die Verleihung des Friedensnobelpreises an die IAEAO und ihren Chef Mohammed el-Baradei als "sehr kluge Entscheidung". Damit werde Baradeis "sehr gute Arbeit" während des Irak-Kriegs und dessen Bemühungen um eine Lösung des Atomkonflikts in Iran angemessen gewürdigt, teilte Regierungssprecher Béla Anda mit. Auch Schröder gehörte in diesem Jahr zu den nominierten Kandidaten.

Kritik an der Entscheidung des Komitees kam von der Organisation Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges (IPPNW).

"Eine Behörde, deren Ziel es ist, den Ausbau der Atomenergie weltweit zu beschleunigen und auszuweiten, trägt nicht zu einer friedlichen und gesunden Welt bei", erklärte IPPNW-Sprecherin Ute Watermann. Schließlich verberge sich hinter der friedlichen Nutzung der Atomenergie immer die Möglichkeit zum Bau der Atombombe, wie das Beispiel Iran, Indien oder Pakistan zeigten. "Ganz zu schweigen von den gesundheitlichen Risiken der Atomenergienutzung", so Watermann.

Die Organisation, die 1985 den Friedensnobelpreis erhalten hat, begrüßte das persönliche Engagement des IAEA-Chefs El-Baradei gegen die Invasion des Iraks und gegen einen möglichen militärischen Angriff auf den Iran. "Aber seine Bemühungen im Kampf gegen die Ausbreitung von Atomwaffen wird durch die Verbreitung der Technologien zur sogenannten friedlichen Nutzung der Atomenergie konterkariert", hieß es.

Auch Greenpaece Deutschland betrachtet die Auszeichnung der Organisation kritisch. "Die Rolle der IAEA in der weltweiten Verbreitung der Atomenergie ist mit dem Geist des Friedensnobelpreises nicht zu vereinbaren", sagte Wolfgang Lohbeck, der bei Greenpeace in Hamburg für die Bereiche Abrüstung und Frieden zuständig ist. Andererseits habe sich Baradei in den vergangenen Jahren wiederholt im Amt hervorgehoben, vor allem mit seiner Kritik am Irak-Krieg.

Eine Liste mit 199 Namen

Die streng geheime Liste der möglichen Preisträger war in diesem Jahr mit 199 Namen so lang wie nie zuvor.

Der Preis ist mit 1,1 Millionen Euro dotiert und wird traditionsgemäß am 10. Dezember, dem Todestag des Preisstifters Alfred Nobel (1833-1896), überreicht. Letzter deutscher Preisträger war 1971 der damalige Bundeskanzler Willy Brandt.

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