Offshore-Geschäfte:Ein mühsamer Kampf

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Drei Instrumente sollen Steuerhinterziehung und Geldwäsche erschweren. Doch die Umsetzung scheitert oft an nationalen Egoismen.

Von Cerstin Gammelin, Berlin

Der Streit war riesig, damals im Jahr 2009, als es schon einmal darum ging, Steueroasen auszutrocknen. Die Länder, die sich in der Welt-Entwicklungsorganisation OECD zusammengeschlossen haben, wollten schwarze, graue und weiße Listen veröffentlichen, auf denen alle Staaten eingeordnet werden sollten - transparent und leicht überschaubar. Auf der weißen Liste sollten jene Staaten zu finden sein, die nicht als Steueroase Geld anziehen. Auf der schwarzen Liste sollten die Staaten stehen, die genau das tun. Und dazwischen gab es die graue Liste.

Das Großherzogtum Luxemburg sollte auf der schwarzen Liste stehen, zu Recht, wie später die LuxLeaks-Enthüllungen bestätigen sollten. Der damalige Luxemburger Regierungschef Jean-Claude Juncker war erbost. Er intervenierte lautstark, vor allem in Berlin und Paris: Die dortigen Regierungen drängten Luxemburg, endlich das Bankgeheimnis aufzugeben und dem automatischen Austausch von Informationen zuzustimmen. "Wir stehen nicht unter deutschem oder französischem Kommando, sondern tun, was wir für richtig halten", schimpfte Juncker. "Uns in die Enge treiben zu wollen, ist deutsche Kraftmeierei, die ich mir strikt verbitte!"

Panama-Stadt, über Nacht bekannt geworden: Hier residiert die Finanzkanzlei Mossack Fonseca. (Foto: Alejandro Bolivar/dpa)

Sieben Jahre später ist Juncker Präsident der Europäischen Kommission. Sein Heimatland Luxemburg hat mittlerweile zugestimmt, automatisch die Daten von ausländischen Bankkunden auszutauschen. Nicht sofort, aber immerhin von 2018 an. Die Anekdote zeigt, wie schwer sich Staaten tun, wenn sie sich auf gemeinsame Regeln zum Kampf gegen Steuerhinterziehung einigen sollen - und vor allem, wie lange solche Prozesse dauern.

Seit der globalen Finanzkrise, die 2009 ihren Höhepunkt erreichte, geht es allerdings schneller. Weltweit hat sich der öffentliche Druck auf Regierungen verstärkt, erhobene Steuern auch einzutreiben. Die Steuerzahler, belastet mit den Kosten der Bankenrettung, sind nicht länger bereit, die Rechnung für diese Rettung zu übernehmen. Die internationale Staatengemeinschaft hat sich seither auf drei Maßnahmen geeinigt, die Steuerhinterziehung und Steuervermeidung sowie Geldwäsche zumindest erschweren sollen.

Austausch von Bankdaten

Am 29. Oktober 2014 haben 51 Staaten praktisch das Bankgeheimnis abgeschafft und gemeinsame Standards zum Austausch von Informationen über Kunden und Konten vereinbart. Damit werden Schlupflöcher für Steuerflüchtlinge geschlossen. Die Finanzinstitute sind nach diesen Regeln verpflichtet, für meldepflichtige Konten eines anderen Staates bestimmte Informationen zu übermitteln, darunter Namen, Adresse, Ansässigkeitsstaat und Steueridentifikationsnummer von Kontoinhabern. Gemeldet werden auch Zinsen, Dividenden und andere Erträge aus Vermögenswerten solcher Konten. Inzwischen haben sich mehr als 100 Staaten diesen Standards angeschlossen. Ab 2017 soll dann schrittweise der automatische Datenaustausch eingeführt werden.

Faire Unternehmensbesteuerung

Im vergangenen Jahr einigten sich insgesamt 62 Länder auf einen politischen Aktionsplan (beps - Base Erosion and Profit Shifting), der zum Ziel hat, dass Unternehmensgewinne künftig dort besteuert werden, wo die Wertschöpfung stattfindet. Zugleich soll aggressiver Steuerwettbewerb unterbunden werden. Die insgesamt 15 Maßnahmen des Aktionsplanes sollen es Unternehmen deutlich schwerer machen, planmäßig die Grundlagen zur steuerlichen Einkünfteermittlung zu reduzieren, etwa indem die Gewinne zwischen Ländern hin und her geschoben werden. Anlass waren Berichte über Konzerne wie Starbucks oder das Möbelhaus Ikea, die mittels komplizierter Firmenkonstruktionen dafür sorgten, dass sie kaum noch Steuern zahlen mussten.

Dem Internetkonzern Google gelang es, seine erzielten Gewinne komplett unversteuert zu belassen: über Töchter auf den Bermudas, in Irland und in den Niederlanden, die jeweils passend Lizenzrechte erhielten. Die Europäische Kommission versucht derzeit, den Aktionsplan in Rechtstexte zu gießen, die in allen 28 EU-Staaten umgesetzt werden sollen. Inwieweit das gelingt, ist unklar, da die EU-Staaten teilweise einander widersprechende Interessen verfolgen. So sperrt sich die Bundesregierung dagegen, länderspezifische Berichte der Unternehmen öffentlich zu machen. Schwierigkeiten gibt es auch außerhalb der EU, etwa in den USA.

Kampf gegen Geldwäsche

Im Sommer 2015 ist die vierte EU-Geldwäscherichtlinie in Kraft getreten. Sie soll die Terrorfinanzierung und Schwarzgeldgeschäfte erschweren. Erstmals werden hier die Mitgliedsstaaten verpflichtet, ein zentrales Register zu führen, beispielsweise ein Handelsregister, das präzise und aktuelle Angaben zu den wirtschaftlich Berechtigten auflistet, zu den Personen also, die ein Konto führen. Allerdings weigert sich Deutschland, dies öffentlich zugänglich zu machen. Die jüngst durchgeführte nationale Risikoanalyse zu Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung zeigt zudem, dass Deutschland angesichts seiner Wirtschaftskraft und seiner Attraktivität als Wirtschaftsstandort ein erhöhtes Geldwäscherisiko aufweist. Das Bundesfinanzministerium prüft Konsequenzen wie die Begrenzung von Bargeldzahlungen. Wie so oft ist auch darüber bereits heftiger Streit ausgebrochen.

© SZ vom 05.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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