Österreichs Präsident Klestil gestorben:"Ein überzeugter Patriot, Europäer und Weltbürger"

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Politiker aus dem In- und Ausland haben den verstorbenen Präsidenten Österreichs gewürdigt. Klestil war in der Nacht zum Mittwoch gestorben.

Der 71- Jährige starb am Dienstag kurz vor Mitternacht in der Wiener Universitätsklinik, wie die behandelnden Ärzte mitteilten. Als Todesursache nannten sie "ein gesamtes Organversagen, das fast kein Organ ausgespart hat".

Nach einem zweimaligen Herzstillstand hatte sich Klestils Zustand im Verlauf des Dienstags sein dramatisch verschlechtert. Zum Zeitpunkt seines Todes war seine Familie an seinem Krankenbett. Die Chancen für eine Genesung des seit Jahren kranken Präsidenten waren nach Auskunft der Ärzte von vornherein gering. Zusammen mit dem zweimaligen Herzstillstand hatte am Montag auch die Atmung des Präsidenten für 20 Minuten ausgesetzt.

Am Dienstagabend hatten sich zwar die Herzfunktionen des Präsidenten stabilisiert, doch zeichnete sich ein Versagen aller anderen Organe ab.

In einer ersten Reaktion auf Klestils Tod setzte das österreichische Bundesheer alle Fahnen im Land auf Halbmast. Das österreichische Fernsehen (ORF) unterbrach sein laufendes Programm und sendete eine Toten-Messe.

Der künftige Bundespräsident Heinz Fischer, der an diesem Donnerstag vereidigt wird, sagte, "ganz Österreich trauert". Klestils Lebensweg sei durch "Pflichterfüllung bis zum letzten Atemzug geprägt" gewesen.

"Überzeugter Österreicher und Europäer"

Österreichs Bundeskanzler Wolfgang Schüssel nannte Klestil eine "große Persönlichkeit". Schüssel, der in den vergangenen Jahren immer wieder zum Teil offene Konfrontationen mit Klestil ausgetragen hatte, betonte, mit dem Präsident habe das Land "einen überzeugten Österreicher und Europäer verloren".

Seine Beziehungen vor allem zu den Nachbarländern seien eine wichtige Voraussetzung für die Wiedervereinigung Europas gewesen.

In Berlin würdigte Bundespräsident Horst Köhler den Verstorbenen als große Persönlichkeit. Bundeskanzler Gerhard Schröder schrieb in einem Beileidstelegramm, die Republik Österreich habe "einen Staatsmann, Deutschland einen Freund, Europa einen Brückenbauer verloren".

In Prag würdigten Präsident Vaclav Klaus und sein Vorgänger Vaclav Havel Klestil als Freund Tschechiens. Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber nannte Klestil einen "überzeugten Patrioten, Europäer und Weltbürger".

Klestil war 1992 von der konservativen Volkspartei ÖVP für das Amt des Präsidenten nominiert und mit deutlicher Mehrheit gewählt worden. 1998 wurde er mit deutlicher Mehrheit wiedergewählt. Klestil stammte aus einfachen Verhältnissen.

Er studierte Wirtschaftswissenschaften, trat dann dem diplomatischen Dienst bei und wurde schon als 30- Jähriger in die österreichische Botschaft nach Washington entsandt. Die USA blieben sein bevorzugtes Aufgabengebiet. Unter anderem war er Generalkonsul in Los Angeles (1969-1974), UN-Botschafter in New York (1978-1982) und Botschafter in Washington (1982-1987).

Klestils Gesundheitszustand war bereits vor dem Herzstillstand stark angegriffen. Er litt seit Jahren unter einer schweren Autoimmun-Erkrankung, bei der sich die Abwehrkräfte des Erkrankten gegen den eigenen Körper richten.

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