Österreich:Rechter Burschenschaftler wird Parlaments-Vize

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FPÖ-Politiker Martin Graf ist neuer Vizepräsident des Nationalrats. Er gehört einer rechten Verbindung an, die kürzlich noch ein großdeutsches Reich propagierte.

Einen Monat nach der vorgezogenen Nationalratswahl hat das österreichische Parlament am Dienstag das Mitglied einer als rechtsextrem eingestuften, schlagenden Verbindung zu einem seiner Vizepräsidenten gewählt.

Graf (re.) neben FPÖ-Chef Strache im Nationalrat (Foto: Foto: Reuters)

Der Abgeordnete Martin Graf (48) von der rechtsgerichteten Freiheitlichen Partei (FPÖ) erhielt bei einer Stichwahl gegen den langjährigen Parteichef der Grünen, Alexander van der Bellen, die deutliche Mehrheit von 109 zu 27 Stimmen, obwohl zuvor mehrere Parlamentarier Bedenken gegen seine Kandidatur geäußert hatten.

Am Ende aber stimmte die Mehrheit mit der Begründung für den Juristen, es sei im Nationalrat "Tradition", dass die drittstärkste Fraktion im Parlament auch den dritten Präsidenten nominieren dürfe.

Die Grünen hatten dennoch erstmals einen Gegenkandidaten aufgestellt. Im Nationalrat wurden außerdem Transparente entrollt, auf denen stand: "Ihr habt aus der Geschichte nichts gelernt!" Auch einige Besucher protestierten gegen Grafs Wahl mit lauten "Pfui"-Rufen.

Auch der NPD-Gründer war in der Olympia

Graf hatte sich in den vergangenen Wochen geweigert, aus der umstrittenen Burschenschaft Olympia, einer schlagenden Verbindung, auszutreten, die vom österreichischen Dokumentationsforum des österreichischen Widerstandes (DÖW) als rechtsextrem eingestuft wird. Dieser Verbindung gehörte unter anderem der Gründer der rechtsradikalen österreichischen NDP, Norbert Burger, an.

Graf distanzierte sich in mehreren Interviews zwar von den Zielen der Organisation, wollte der Mitte des 19. Jahrhunderts gegründeten Vereinigung jedoch nicht den Rücken kehren. Die "Olympia" hat unter anderem enge Kontakte zu deutschen NPD-Mitgliedern und dem britischen Holocaust-Leugner David Irving.

Wie die Wiener Zeitung Die Presse schreibt, sprach sich die strammen Rechten noch vor wenigen Jahren dafür aus, Österreich und Teile Polens mit Deutschland wieder zu vereinigen.

Ihre Prinzipien beschrieb die Burschenschaft, die 1961 bereits einmal zwangsaufgelöst wurde, in den 1990er Jahren in einem Flugblatt mit den Worten: "Wir sind normal geblieben unterm Schutt der Zeit, an uns sind Umerziehung, Trauerarbeit und Betroffenheit, doch auch Konsum, soziale Dünkel und Moderne fast völlig spurlos vorbeigezogen."

© suedddeutsche.de/dpa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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