Österreich:FPÖ vor Spaltung

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Nach einer neuerlichen Wahlniederlage und der Entmachtung des rechten Flügels in Niederösterreich kündigt Jörg Haider eine Neugründung der FPÖ an. Das wird die Partei vermutlich spalten.

Der frühere Vorsitzende der rechtsnationalen Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ), Jörg Haider, hat angekündigt, die Partei neu zu gründen. Haider deutete an, dass er darin eine wichtige Rolle übernehmen könnte. Die "alte FPÖ" werde "stillgelegt", sagte er am Dienstag in Klagenfurt (Kärnten), unerwünschte FPÖ-Funktionäre könnten dort verbleiben.

Will den Abwärtstrend mit einer Neugründung stoppen: Jörg Haider. (Foto: Foto: AP)

Politische Beobachter erwarten, dass dieser Schritt die Partei spalten und die Freiheitlichen auf Dauer politisch bedeutungslos machen werde. Die FPÖ hat in den letzten fünf Jahren zahlreiche Wahlniederlagen hinnehmen müssen. Am Sonntag hatte die Partei bei Kommunalwahlen in Niederösterreich 60 Prozent ihrer Stimmen eingebüßt.

Haiders Schwester, die amtierende FPÖ-Vorsitzende Ursula Haubner, wollte zur Ankündigung ihres Bruders zunächst keine Stellungnahme abgeben. Haubner hatte am frühen Dienstagmorgen nach einer Klausurtagung des FPÖ-Vorstands erklärt, die Partei werde "auf allen Ebenen neu geordnet". Gleichzeitig gab sie bekannt, dass die führenden Vertreter des rechten Parteiflügels entmachtet seien: Alle führenden Repräsentanten der Rechten, darunter der stellvertretende Vorsitzende, Heinz Christian Strache, verloren ihre Ämter.

Abwärtstrend kaum zu stoppen

Haider sagte, schon aus formalrechtlichen Gründen sei es notwendig, die Partei neu zu gründen. Einerseits wolle man damit "bestimmte Gruppen hinter sich lassen", auf der anderen Seite auch formell die die Wahlkampfschulden der bisherigen Partei übernehmen. "Auf dem Gründungsparteitag werden alle Karten neu gemischt", sagte Haider. Politiker, die nicht mehr in die künftige Partei passen würden, könnten in der "alten FPÖ" verbleiben, sagte Haider. Darunter sei auch der EU-Abgeordnete Andreas Mölzer, für den "in der neuen FPÖ kein Platz mehr ist".

Beobachter bezweifeln, dass die Partei den Abwärtstrend dadurch stoppen kann. Die FPÖ steht seit Anfang 2000 mit der ÖVP in einer Regierungskoalition. In Wien opponieren die FPÖ-Bundesminister öffentlich gegen fast alle Sozialreformen, die der Koalitionspartner ÖVP eingebracht und letztlich auch durchgesetzt hat.

Die FPÖ ist von knapp 27 Prozent im Oktober 1999 in die Nähe der Zehn-Prozent Marke abgerutscht und liegt nun hinter den Grünen, die sich immer stabiler als Österreichs dritte Kraft etablieren. Haider, der als Ministerpräsident des Bundeslandes Kärnten die Geschicke der FPÖ bestimmt, hatte am Montag seine Frustration über die Lage der Partei ausgedrückt.

Die nun eingeleitete Trennung von Parteirechten könne das Ende für das Sammelbecken der Alt-Nazis und Rechts-Nationalen bedeuten, glauben Experten. Der Klagenfurter Politikwissenschaftler Peter Filzmaier erklärte, die FPÖ könne ihr Heil nur in einer Politik "für den rechten Rand" des politischen Spektrums suchen.

Genau diese Strategie verfolgt der abgesetzte FPÖ-Vize Strache, der seit Monaten eine Kampagne gegen Ausländer und angeblich zu lasche Ausländergesetze führt. Der FPÖ-nahe Historiker Lothar Höbelt meinte ironisch, die Partei habe keine Wahl: "Sie kann sich nur ruhig verhalten, oder vor laufender Kamera Selbstmord begehen."

© Süddeutsche Zeitung vom 9.3.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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