Ökostromgesetz:Streit ums Netz

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Bund und Länder sind uneins, wer Schuld hat an den Engpässen im Stromnetz. Die Frage ist: Liegt es allein am Ausbau erneuerbarer Energien - oder nicht ebenso am Weiterbetrieb von Großkraftwerken?

Von Michael Bauchmüller, Berlin

Zwischen Bund und Ländern ist ein Streit über Engpässe im Stromnetz entbrannt. Umstritten ist vor allem die Frage, ob die Engpässe allein auf den Ausbau erneuerbarer Energien zurückzuführen sind - oder nicht ebenso auf den Weiterbetrieb von Großkraftwerken, die mit ihrem Betrieb das Stromnetz permanent auslasten. "Vereinfacht gesagt: Die Netze, die wir heute haben, sind verstopft von Strom aus alten Braunkohlekraftwerken", sagte Baden-Württembergs Energieminister Franz Untersteller (Grüne) der SZ. Es sei "absurd", die Leitungen für diesen Strom freizuhalten, dafür aber den Ausbau erneuerbarer Energien zu bremsen.

Der Streit ist auch Gegenstand eines Treffens zwischen Bundeskanzlerin Angela Merkel und den Ministerpräsidenten der Länder, bei Redaktionsschluss dauerte es noch an. Die Bundesregierung will durch eine Reform des Ökostromgesetzes EEG den Ausbau erneuerbarer Energien drosseln, um ihn besser mit dem Ausbau der Stromnetze zu verzahnen. "In der Vergangenheit haben wir den Erfolg der Energiewende allein an der Zubaurate für erneuerbare Energien gemessen", sagte Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD). Dabei sei unterschätzt worden, dass das Netz nicht im selben Tempo wachse. "Es ist wichtig, dass wir die verschiedenen Teile der Energiewende synchronisieren."

Zuletzt waren wiederholt Warnungen laut geworden, der zähe Ausbau der Leitungen verursache zunehmend teure Eingriffe ins Stromnetz. Schon jetzt werden für dessen Bewirtschaftung mitunter Windräder vom Netz genommen oder Kraftwerke kurzfristig angeworfen. Die Kosten für beides beliefen sich 2015 auf eine Milliarde Euro. Nach Einschätzung der Bundesnetzagentur könnten sie sich aber in den nächsten Jahren vervierfachen.

Viele Länder sehen eine Mitverantwortung bei Betreibern von Großkraftwerken. Auch Studien des Öko-Instituts und von Greenpeace kommen zu diesem Ergebnis. So seien allein in Schleswig-Holstein im vorigen Jahr Mehrkosten von 160 Millionen Euro aufgelaufen, weil Atom- und Kohlekraftwerke zu Zeiten mit viel Wind- und Sonnenstrom nicht ihre Leistung drosselten, heißt es in einer Greenpeace-Studie. Dem Bund schwebt die Einführung von "Netzengpassgebieten" vor, in denen weniger neue Windräder gebaut werden dürfen. Sie könnten weite Teile Norddeutschlands umfassen.

© SZ vom 01.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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