Obamas Memoiren:Wenig Poesie, aber viel Profit

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Die Obamas erhalten eine Rekordsumme für ihre Memoiren: kolportierte 60 bis 65 Millionen Dollar.

Von David Pfeifer

Prominenten-Biografien sind so etwas wie die Superhelden-Verfilmung des Buchbetriebs: kalkulierbare Geldbringer, eher von Profitarithmetik als von Poesie befeuert. So gesehen wird es eine vernünftige Rechengrundlage dafür geben, dass "Penguin Random House" gerade die Rechte für zwei Obama-Bücher für kolportierte 60 bis 65 Millionen Dollar ersteigert hat. Barack Obama soll eine klassische Autobiografie schreiben, Michelle ihre Geschichte eher für Kinder und Jugendliche aufbereiten. Die Rechte wurden von einem Anwalt vermakelt, was für die Geschäftstüchtigkeit des Paares spricht, denn Agenten bekommen üblicherweise 15 Prozent für ihre Vermittlungstätigkeit. Wohingegen Anwälte nach Honorar bezahlt werden, was in diesem Fall, so horrend es auch ausfallen mag, sicher unter 15 Prozent von 65 Millionen Dollar liegen wird. Einen Teil der Einnahmen wollen die Obamas spenden.

Nun fragt man sich aber, was in den Büchern stehen soll, das diese Summen rechtfertigt. Bill Clinton erhielt zwölf Millionen Dollar, da die Leser sich intime Geständnisse über den Verkehr mit Praktikantinnen erhofften. Woody Allen, verheiratet mit seiner ehemaligen Adoptivtochter, bekam zehn Millionen für seine Lebensbeichte. Keith Richards, lebendig fossilisiertes Rock'n'Roll-Monster, sieben Millionen. All diesen Vorschüssen lag die Sehnsucht zugrunde, etwas zu erfahren, über Affären, Ausfälle und das Innenleben einer zwiespältigen Persönlichkeit. Aber bei den Obamas? Tolle Frau, guter Typ, wohlgeratene Kinder, keine bekannten Skandale. Dafür aber: eine Medien-Präsenz wie Hollywood-Stars.

Wer sein Werk im Fernsehen herzeigen darf, der schafft es eher auf die Bestseller-Liste und wird im Buchhandel ganz vorne in den Regalen platziert. So kann man sich absetzen, unter den vielen Tausend Büchern, die jedes Jahr publiziert werden. Grundsätzlich kann man also sagen, dass ein Verlag, der viele Millionen für eine noch nicht geschriebene Biografie eines Superstars zahlt, gut rechnen kann, doch mit dem Einsatz steigt trotzdem auch das Risiko. Denn wenn man für einen Titel 200 000 Verkäufe vorhersagt, aber nur 100 000 absetzt, wird er zwar ein Bestseller - macht aber trotzdem krachend Verlust.

Und immer geht das Rezept mit der Prominenz und den Talkshows auch nicht auf. Arnold Schwarzenegger beispielsweise, Showstar und Politiker in einem - und mit einer außerordentlich schillernden Vergangenheit ausgestattet, stellte seine hoch bevorschusste Autobiografie in Deutschland mit einer Auftritts-Tournee vor. Sie floppte trotzdem. Vermutlich weil Conan- oder Terminator-Fans keine begeisterten Buchleser sind. Wohingegen Obama seine Liebe zur Literatur erst kürzlich in einem schönen Interview mit der New York Times belegen konnte. Und die Obamas können statt intimer Bekenntnisse immerhin auf eine Emotion setzen, die in der Literatur Zugkraft hat: Sehnsucht. Man wünscht sich die beiden ja jetzt schon zurück. So kann es sein, dass Barack Obama seinen Nachfolger bald auch in dieser Disziplin übertrumpfen wird: Denn wer würde Rekordsummen für eine Autobiografie von jemandem ausgeben wollen, der es mit der Wahrheit so wenig genau nimmt?

© SZ vom 02.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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