NS-Kriegsverbrecher:Haftbefehl gegen Demjanjuk

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Das Münchner Amtsgericht hat Haftbefehl gegen den mutmaßlichen NS-Verbrecher Demjanjuk erlassen - er soll beim Mord an 29.000 Juden beteiligt gewesen sein. Die USA haben ihre Zusammenarbeit angeboten.

Nach dem Haftbefehl des Amtsgerichts München gegen den mutmaßlichen NS-Verbrecher Iwan Demjanjuk haben die USA Deutschland ihre Zusammenarbeit angeboten. US-Justiz- und Außenministerium stünden in dem Fall in engem Kontakt mit den deutschen Stellen, sagte eine Sprecherin des Justizministeriums am Mittwoch in Washington auf Anfrage. "Wir werden weiterhin unsere Unterstützung und Hilfe anbieten", sagte sie.

Der Dienstausweis von Iwan 'John' Demjanjuk. (Foto: Foto: dpa)

Demjanjuk war den Ermittlungen zufolge 1943 Aufseher im Vernichtungslager Sobibor. Die Bundesregierung prüft nun gemeinsam mit den bayerischen Behörden, die das Ermittlungsverfahren führen, wie der Haftbefehl durchgesetzt werden kann.

Falls die US-Behörden Demjanjuk wie bereits angekündigt abschieben, könne der Haftbefehl bei der Ankunft in Deutschland vollstreckt werden, sagte Justizsprecherin Eva Schmierer in Berlin. Andernfalls sei aber auch ein Auslieferungsverfahren möglich.

Der gebürtige Ukrainer Demjanjuk kam 1952 in die USA und erhielt 1958 die amerikanische Staatsbürgerschaft, die ihm inzwischen aber wieder aberkannt wurde. Das Simon-Wiesenthal-Zentrum führt Demjanjuk auf der Liste der meistgesuchten NS-Kriegsverbrecher.

Der Leiter des Wiesenthal-Zentrums in Jerusalem, Efraim Zuroff, zeigte sich über den Haftbefehl der deutschen Behörden zufrieden. "Wir hoffen, das Verfahren geht schnell voran, damit sichergestellt wird, dass dieser Holocaust-Straftäter am Ende angemessen bestraft wird", sagte er. "Wir sind auf dem Weg zu einem Sieg für die Gerechtigkeit."

Die Familie Demjanjuks kündigte an, sie werde sich gegen das Vorgehen der deutschen Behörden zur Wehr setzen. "Wie auch immer die Deutschen vorgehen: Wir werden weiter für Gerechtigkeit in diesem traurigen Fall kämpfen, denn es gibt keine glaubwürdigen Beweise, dass er persönlich an einem Mord oder sogar tausenden beteiligt war", erklärte Iwan Demjanjuks Sohn, John Demjanjuk Junior, in einer Mitteilung, die der AP vorliegt.

Seit 30 Jahren müsse sein Vater sich gegen falsche Vorwürfe zur Wehr setzen. "Er hat nie jemandem etwas zu Leide getan - vor, während oder nach dem Krieg." Demjanjuk leide an einer Blutkrankheit und akutem Nierenversagen und sei ohne entsprechende medizinische Betreuung nicht zu einer längeren Reise in der Lage, erklärte sein Sohn weiter.

Das Landeskriminalamt hat den den von der SS ausgestellten "Dienstausweis Nr. 1393" Demjanjuks, der im Besitz von US-Behörden ist, in einem Gutachten für echt befunden. Darum habe die Staatsanwaltschaft nun Haftbefehl beantragen können, erklärten die Ermittler. Um das zu erwartende Gerichtsverfahren so gut wie möglich vorzubereiten, würden weitere Ermittlungen geführt.

Sobald Demjanjuk in Deutschland sei, solle er vernommen werden, erklärte die Staatsanwaltschaft. Anschließend solle Anklage vor dem Landgericht München wegen Beihilfe zum 29.000-fachen Mord erhoben werden. Da sich der gebürtige Ukrainer 1951 mehrere Monate in einem Lager bei München aufhielt, übertrug der Bundesgerichtshof im Dezember dem Landgericht München II das Verfahren.

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