NPD-Verfahren:Vierter V-Mann in Verbotsantrag

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Das Bundesinnenministerium hat bestätigt, dass ein vierter ehemaliger Verfassungsschutz-Informant eine Rolle in den NPD-Verbotsanträgen spielt.

Der Fall sei allerdings unproblematisch für das Verfahren, da die verwendeten Zitate aus der Zeit vor der Anwerbung des NPD-Funktionärs stammten, sagte Sprecher Rainer Lingenthal.

Zuvor hatte sich das Ministerium darauf festgelegt, das insgesamt nur drei ehemalige V-Leute als Beweis gegen die NPD zitiert worden seien.

Das Ministerium reagierte auf einen Bericht des ARD-Magazins "Fakt", nach dem ein früherer Leiter der mecklenburg-vorpommerschen NPD-Parteizeitung "Der Kamerad" vorübergehend für das Bundesamt für Verfassungsschutz tätig war.

Ähnliche Fälle nicht ausgeschlossen

Auszüge aus Artikeln des Funktionärs seien in den Verbotsanträgen von Bundesregierung und Bundesrat enthalten. Lingenthal bestätigte die Zitate. Die Publikation sei allerdings bereits im Mai 1998 eingestellt worden.

Erst Ende 1998 sei der NPD-Funktionär angeworben worden. Aus seiner Zeit als Informant sei "keine Zeile" in den Verbotsanträgen enthalten. Dass es ähnliche Fälle gebe schloss Lingenthal nicht aus.

Zuvor hatte der Ministeriumssprecher erklärt, bei der Prüfung der Verbotsanträge durch Bund und Länder seien lediglich drei ehemalige V-Leute als Quelle im Beweismaterial entdeckt worden.

Auch Thüringischer NPD-Vizechef spitzelte

Neben dem NPD-Mitbegründer Wolfgang Frenz, dessen Enttarnung zur Aussetzung des Verbotsprozesses geführt hat, seien der frühere nordrhein-westfälische Parteivorsitzende Udo Holtmann und der ehemalige thüringische NPD-Vizechef Tino Brandt in den Anträgen zitiert.

Von den insgesamt vier bekannten V-Leuten ist lediglich Frenz, der bis 1995 als Spitzel tätig war, unter den 14 Zeugen im Verbotsprozess. Auf die anderen drei wird lediglich in den Anträgen Bezug genommen.

Brandt hatte sich bereits im vergangenen Sommer selbst als V-Mann enttarnt. In der öffentlichen Diskussion über das NPD-Verbotsverfahren spielte er trotzdem bisher kaum eine Rolle.

Nach Angaben aus dem Bundestags-Innenausschuss wird er vom Innenministerium nicht als Problemfall gesehen, da seine V-Mann-Tätigkeit bereits vor der Eröffnung des Verbotsverfahrens im Oktober 2001 bekannt war.

Weiteres Vorgehen umstritten

Das weitere Verfahren im NPD-Verbotsprozess blieb unterdessen weiter völlig offen. Es sei noch unklar, ob die Anträge generell überarbeitet werden müssten, sagte Lingenthal. Bis zum kommenden Montag würden Regierung, Bundestag und Bundesrat wie geplant schriftliche Stellungnahmen zur V-Mann-Problematik beim Bundesverfassungsgericht einreichen. Die anschließende Prüfung durch die Karlsruher Richter werde ergeben, ob an den Anträgen etwas zu ändern sei.

Die FDP forderte erneut die Rücknahme aller drei Verbotsanträge. Anschließend müsse politisch neu entschieden werden, ob ein zweiter Anlauf gestartet werden solle, sagte Innenexperte Max Stadler im NDR4-Radio. Die PDS verlangte von Schily, bis Mittwoch aussagekräftige Unterlagen zur V-Mann-Affäre vorzulegen. Anschließend werde die Fraktion prüfen, ob sie den Verbotsantrag des Bundestags weiter unterstützen könne, sagte die Fraktions-Vizechefin Petra Pau.

(sueddeutsche.de/AP)

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