NPD-Verbot:Opposition erhöht Druck auf Schily

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Die Opposition will die Konfusion in der V-Leute-Affäre zu neuem Druck auf Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) nutzen.

Susanne Höll

(SZ vom 05.02. 2002) FDP und Union erwägen eine Sondersitzung des Innenausschusses des Bundestags, in der Schily die Auskunft zu weiter offenen Fragen im Zusammenhang mit dem Rückgriff auf V-Leute im NPD-Verbotsverfahren und die jüngsten Pannen dabei geben soll.

Der Innenexperte der FDP-Bundestagsfraktion, Max Stadler, sagte der Süddeutschen Zeitung: "Es muss jetzt Klarheit über die V-Mann-Problematik geschaffen werden, denn Klarheit gibt es im Moment nicht." Auch in der Unionsfraktion wird ein außerplanmäßiges Treffen des Ausschusses vor der nächsten regulären Sitzung am 20. Februar nicht ausgeschlossen.

Unionsfraktionschef Friedrich Merz (CDU) prüfe derzeit die Protokolle der beiden letzten Ausschusssitzungen und werde dann Vorschläge machen, verlautete aus Fraktionskreisen. Stadler regte zudem an, zu einer solchen Sondersitzung auch die Innenminister von Bayern und Niedersachen als Bundesratsvertreter zu bitten.

Schily hatte bei den Treffen am 23. und 31. Januar über die V-Mann-Affäre informiert. Die Opposition wirft Schily vor, dabei nicht immer die Wahrheit gesagt zu haben. Dabei geht es aus Sicht der Union bisher insbesondere auch um die Frage, warum Schily den Ausschuss nicht bereits am 23. Januar darüber informierte, dass neben dem Fall des ehemaligen V-Mannes und NPD-Funktionärs Wolfgang Frenz auch Äußerungen des bisherigen hochrangigen NPD-Vertreters und Verfassungsschutzspitzels Udo Holtmann in den Verbotsanträgen auftauchen.

Schily hat diese Vorwürfe zurückweisen lassen. Unklar ist weiterhin auch, wie viele direkte Äußerungen aktiver oder ehemaliger V-Leute in den Anträgen als Beweismittel für die Verfassungswidrigkeit der rechtsextremen NPD auftauchen.

Der Sprecher des Bundesinnenministeriums, Rainer Lingenthal, machte deutlich, dass es nach derzeitigem Kenntnisstand drei solcher Spitzel gibt. Er nannte die Namen Holtmann und Tino Brandt. Letzterer ist ein bereits länger enttarnter V-Mann aus Thüringen. Hinzu kommt Frenz, der bis 1995 Spitzel war. Bisher war aber immer über vier solcher V-Männer spekuliert worden.

Insgesamt tauchen in den Beweismaterialien von Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat aber Berichte von deutlich mehr V-Männern auf. Sie sollen aber anders als die drei nun namentlich genannten Fälle lediglich über Vorkommnisse in der NPD oder Aussagen Dritter berichtet haben und nicht mit eigenen Bemerkungen zitiert worden sein.

Der Fall Frenz hatte zu einem vorläufigen Stopp im NPD-Verbotsverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe geführt. Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat wollen das Gericht nun bis zum 11. Februar über die V-Mann-Problematik informieren, um das gefährdete Verfahren wieder in Gang zu bringen. An Änderungen der Anträge ist zunächst nicht gedacht.

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