NPD:Karlsruher Richter sehen Chance für Verbot

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Deutschlands oberste Richter haben ein neues NPD-Verbotsverfahren ins Gespräch gebracht. Das im März 2003 gescheiterte Verfahren habe keine Entscheidung über die Verfassungswidrigkeit der Partei getroffen, so der Präsident des Bundesverfassungsgerichts Hans-Jürgen Papier.

Sein Stellvertreter Winfried Hassemer nannte ein erneutes Verbotsverfahren im Spiegel nach wie vor "durchführbar".

Unterdessen demonstrierten in Kiel 8500 Menschen gegen NPD und Neonazis. Dabei kam es zu Ausschreitungen, über 40 Gegendemonstranten aus der linken Szene wurden festgenommen.

Papier und Hassemer äußerten sich im Zuge der politischen Debatte um die Reaktion auf den NPD-Eklat im sächsischen Landtag. Dort hatten die Rechtsextremen die NS-Diktatur verharmlost.

Papier erinnerte daran, dass die Einstellung des damaligen Verbotsverfahrens "keine Vorentscheidung über künftige Verbotsanträge" darstelle.

Die Karlsruher Richter hätten in einer "auch im Senat nicht unumstrittenen Entscheidung" ein rechtsstaatliches Verfahren als nicht gewährleistet gesehen, da sich der Verbotsantrag zum Teil auf Äußerungen von V-Leuten gestützt habe.

Hassemer sagte dem Spiegel, bei einem neuen Anlauf müssten die Antragsteller dafür sorgen, dass kurz vor und während eines Verbotsverfahrens mögliche Mitarbeiter des Verfassungsschutzes aus den Führungsgremien der NPD abgezogen oder zumindest abgeschaltet würden.

Es gehe dabei nicht um ein "Entweder-Oder" von Beobachtung durch den Verfassungsschutz und ein Verfahren vor dem Gericht in Karlsruhe, sondern um ein "abgestimmtes Nacheinander".

"Wir haben der NPD keinen Persilschein ausgestellt"

Dem Vorwurf, die Einstellung des Verbotsverfahrens vor zwei Jahren habe der Partei genutzt, entgegnete Hassemer: "Wir haben der NPD keinen Persilschein ausgestellt."

Unterdessen will der saarländische Ministerpräsident Peter Müller (CDU) prüfen lassen, ob die NPD von der Parteienfinanzierung ausgeschlossen werden kann.

"Trotz des gescheiterten Verbotsverfahrens ist unstreitig, dass die NPD verfassungsfeindliche Ziele verfolgt", sagte Müller der Bild am Sonntag.

"Wir sollten prüfen, ob es rechtlich möglich ist, dass verfassungsfeindliche Parteien keine staatliche Finanzierung erhalten", sagte Müller.

"Dann könnte die NPD von der Parteienfinanzierung ausgeschlossen werden." In der Debatte für ein schärferes Gesetz gegen Neonazi-Aufmärsche erwartet der innenpolitische Sprecher der SPD, Dieter Wiefelspütz, trotz aller Bedenken eine rasche Lösung.

"Innerhalb von vier Wochen haben wir uns über die Details verständigt", sagte Wiefelspütz der Rheinischen Post. "Über 90 Prozent" der von Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) vorgeschlagenen grundlegenden Überarbeitung des Versammlungsrechts seien sehr zu begrüßen.

Er halte es wie Schily für denkbar, dass befriedete Bezirke eingerichtet werden, um "Stätten von besonderer Bedeutung zu schützen".

Protest gegen Neonazi-Aufmarsch

In Kiel gingen am Samstag über 8500 Menschen aus Protest gegen einen Aufmarsch von NPD und Neonazis auf die Straße. Am Samstagvormittag hatten zunächst etwa 1500 Menschen auf Initiative des Deutschen Gewerkschaftsbund friedlich demonstriert.

Nach einer ebenfalls friedlichen Demonstration linker Gruppen unter dem Motto "Runder Tisch gegen Rassismus und Faschismus" mit 7000 Teilnehmern kam es zu Übergriffen auf Polizisten, die den Demonstrationszug der Rechtsextremen schützen sollten.

Dabei wurden mindestens 40 Demonstranten festgenommen, wie ein Polizeisprecher sagte. Der Aufmarsch der Rechtsextremen verzögerte sich deshalb zunächst. Mit 300 Teilnehmern blieb hier die Zahl unter den Erwartungen. Die Polizei nahm drei Rechtsextreme wegen Verstößen gegen Demonstrationsauflagen fest.

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