Neutralitätspflicht:Dr. Eunuch, Oberbürgermeister

Vom Lichtausschalten an öffentlichen Gebäuden bei einer fremdenfeindlichen Demo.

Von Heribert Prantl

Die Bundesfamilienministerin durfte im Wahlkampf die NPD kritisieren; das Bundesverfassungsgericht hat ihr das erlaubt. Und der Bundespräsident durfte das auch; er durfte sagen, dass es Bürger braucht, "die auf die Straße gehen, den Spinnern ihre Grenze aufzeigen und sagen ,bis hierher und nicht weiter'". Weil die NPD sich angesprochen fühlte, hatte sie vor dem Verfassungsgericht geklagt, war aber belehrt worden, dass das Staatsoberhaupt "nicht nur die Risiken und Gefahren für das Gemeinwohl, sondern auch mögliche Ursachen und Verursacher" benennen darf. Und was darf ein Oberbürgermeister? Darf er, wie in Düsseldorf, anordnen, dass bei einer fremdenfeindlichen Demo die Lichter öffentlicher Gebäude ausgeschaltet werden? Geht das zu weit? Ist die Dunkelheit eine Art Gegendemonstration, die einem OB, der ja auch Versammlungsbehörde ist, nicht zusteht?

Von Neutralitätspflicht ist hier gern die Rede. Diese meint, richtig verstanden, dass es Amtsträgern verboten ist, in amtlicher Funktion eine Wahlentscheidung zu beeinflussen. Das stand bei der Licht-aus-Aktion des OB nicht im Vordergrund. Es ging ihm um ein Signal für Menschenwürde. Das Grundgesetz hält die Menschenwürde hoch; ein OB darf sie auch hochhalten. Das Bundesverwaltungsgericht sieht das nun in seiner Entscheidung anders. Es macht den OB zum Dr. Eunuch: Es hält die Licht-aus-Aktion für rechtswidrig.

© SZ vom 14.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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