Neuer SPD-Kandidat:Uni-Rektor soll oberster Verfassungsrichter werden

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Der Rektor der Universität Freiburg, Andreas Voßkuhle, wird nach SZ-Informationen neuer SPD-Kandidat für das Bundesverfassungsgericht. Die Union hat Zustimmung signalisiert.

Susanne Höll

Der 44 Jahre alte parteilose Rechtswissenschaftler und Rektor der Freiburger Universität, Andreas Voßkuhle, soll neuer Vize-Präsident des Bundes- verfassungsgerichts in Karlsruhe und später dann Präsident des höchsten deutschen Gerichts werden.

Andreas Voßkuhle soll Präsident des höchsten deutschen Gerichts werden (Foto: Foto: dpa)

Die SPD wollte den Juristen nach Informationen der Süddeutschen Zeitung möglicherweise noch am Freitag offiziell als ihren Kandidaten für die Nachfolge des scheidenden Richters Winfried Hassemer nominieren. Maßgebliche CDU-Politiker bezeichneten Voßkuhle als eine gute Wahl, die Zustimmung der Union galt deswegen als sicher.

Somit könnte der Rechtsprofessor, wie geplant, am kommenden Freitag im Bundesrat gewählt werden. Wenn Gerichtspräsident Hans-Jürgen Papier 2010 ausscheidet, würde Voßkuhle dann entsprechend den bisherigen Gepflogenheiten dessen Amt übernehmen.

Der ursprüngliche Kandidat der Sozialdemokraten, der Würzburger Staatsrechtler Horst Dreier, war am Widerstand von Ministerpräsidenten der CDU und des bayerischen Regierungschefs Günther Beckstein (CSU) gescheitert. Auch auf Drängen der katholischen Kirche hatten sie Dreier wegen dessen liberaler Ansichten zur Stammzellforschung und der Rolle der christlichen Kirchen in der Demokratie für inakzeptabel befunden. Diese Haltung der Union hatte zu einem vier Monate langen Streit zwischen den Partnern der Regierungskoalition geführt.

Nach einer Ehrenerklärung der Union für Dreier und der Zusicherung, sich bei künftigen Absprachen über Personalvorschläge an das bisherige Prozedere zu halten, hatte die SPD am Donnerstag Dreiers Kandidatur zurückgezogen. Neben Voßkuhle war bis zum Wochenende noch der Staatsrechtler Joachim Wieland für das Amt des Bundesverfassungsrichters im Gespräch gewesen. Nach dem Debakel um Dreier hatten Unionsvertreter nach Informationen der SZ zugesagt, jeden dieser beiden neuen Kandidaten zu akzeptieren.

Der Streit um Dreier hatte auch eine Debatte über die Vergabe hoher Richterposten in Deutschland ausgelöst. Verfassungsrichter müssen mit Zweidrittelmehrheit entweder vom Richterwahlausschuss des Bundestages oder vom Bundesrat gewählt werden. Das Vorschlagsrecht wechselt zwischen den Parteien. SPD und Union wollen an der bisherigen Praxis festhalten.

Voßkuhle wurde am 21. Dezember 1963 in Detmold geboren und promovierte nach einem Jura-Studium 1992 in München. Nach einer Tätigkeit an der Universität Augsburg und einer Station als Referent im bayerischen Innenministerium habilitierte er 1998 und wurde ein Jahr später Professor an der Universität Freiburg.

Im Jahr 2007 wurde er zum Rektor gewählt und trat sein Amt am 1.April dieses Jahres an. Sein Interesse geht weit über die Rechtswissenschaft hinaus. Voßkuhle lehnt Studiengebühren nicht grundsätzlich ab, fordert allerdings, sie müssten so gestaltet sein, dass auch Kindern aus wenig wohlhabenden Familien der Weg an die Universität nicht versperrt würde.

© SZ vom 19.4.2008/aho - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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