Neue Diskriminierungsaffäre:CDU-Abgeordneter beleidigt Muslime

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Der sächsische Bundestagsabgeordnete Henry Nitzsche hat Mitte des Jahres in einem Interview gesagt: "Eher fault einem Muslim die Hand ab, als dass er CDU wählt". Nun hat die Organisation der türkischstämmigen CDU-Mitglieder Nitzsches sofortigen Ausschluss aus der Partei gefordert.

"Das ist eine Beleidigung aller türkischstämmigen Menschen, die bei den letzten Wahlen CDU gewählt haben", sagte der Vorsitzende des deutsch-türkischen Forums (DTF) in der CDU, Bülent Arslan, der Nachrichtenagentur AFP.

Henry Nitzsche (Foto: Foto: dpa)

Laut Statistiken seien dies etwa 20 Prozent aller türkischstämmigen Wähler. "Solch ein Politiker darf nicht wie Herr Hohmann die Möglichkeit erhalten rumzueiern." Vielmehr sei auf die Äußerungen "eindeutig mit Rauswurf aus Partei und Fraktion zu reagieren".

Bei Nitzsche handele es sich um einen "unwissenden Hinterbänkler", der sich außerhalb seiner Kreisverbandsgrenze offenbar kaum auskenne. "Wenn er sich mehr in Großstädten aufhalten würde, wüsste er, welche Bedeutung die türkischen Wähler für die CDU haben."

Der sächsische Abgeordnete Nitzsche hatte sich Mitte 2003 in der Unternehmer-Zeitschrift DS-Magazin über das Wahlverhalten von türkischstämmigen Deutschen und Muslimen geäußert: "Eher wird einem Moslem die Hand abfaulen, als dass er bei der Christlich- Demokratischen Union sein Kreuz auf den Wahlzettel macht." Darüber berichtete der Berliner Tagesspiegel.

Muslim-Sprecher: Immer auf die Minderheit

Unions-Fraktionsvize Wolfgang Bosbach kündigte im Tagesspiegel an: "Wir müssen mit Nitzsche genauso ein ernstes Gespräch führen wie mit Hohmann." Nitzsches Äußerungen seien "grober Unfug" und nicht akzeptabel.

Auch die sächsische CDU distanzierte sich von den umstrittenen Äußerungen ihres Bundestagsabgeordneten Henry Nitzsche. "Nitzsche soll die Vorwürfe aufklären und sich gegebenenfalls entschuldigen", sagte CDU-Generalsekretär Hermann Winkler.

Der Sprecher des Zentralrats der Muslime, Aiman Mazyek, kritisierte Nitzsches Äußerungen scharf. Der dpa sagte er: "Als hätte die Union nicht genug Probleme mit Herrn Hohmann, der verletzende Vorurteile in die Welt setzt, um Wähler am rechten Rand zu gewinnen. Jetzt versucht es ein anderer gegen die Muslime. Doch wir wissen, dahinter steckt Kalkül: immer zu drauf auf die Minderheit, um bei der eigenen Klientel zu punkten. Armer Herr Nitzsche."

Angeblich umstrittene Äußerungen vor Burschenschaft

Kürzlich soll Nitzsche laut Presseberichten in einer Rede vor der Dresdner Burschenschaft Cheruscia gesagt haben, es sei unerträglich, dass bei der Fahrbereitschaft des Bundestages nur noch Türken als Chauffeure angestellt seien.

Es sei außerdem unerträglich, in einem Staat zu leben, "in dem der letzte Ali aus der letzten Moschee rein darf".

Nitzsche hatte bestritten, die fraglichen Äußerungen bei dem Cheruscia-Vortrag von sich gegeben zu haben.

Nitzsche wurde vergangenes Jahr in den Bundestag gewählt. Der 44-Jährige ist seit 1993 CDU-Mitglied. Davor gehörte er der Deutschen Sozialen Union (DSU) an. Er ist Berichterstatter der CDU/CSU-Fraktion für den Stadtumbau Ost und die Altschuldenhilfe.

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