Nato-Gipfel in Straßburg und Baden-Baden:Streit zum Auftakt

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US-Präsident Obama hat versucht, ihn umzustimmen, ebenso Bundeskanzlerin Merkel und Frankreichs Präsident Sarkozy. Doch der türkische Präsident Gül hielt an seinen Bedenken gegen den dänischen Regierungschef Rasmussen fest. Und so gab es erstmal keine Einigung auf einen neuen Nato-Generalsekretär - ein verpatzter Start des Jubiläumsgipfels für die Gastgeberin.

Die Staats- und Regierungschefs der 28 Nato-Staaten haben einen Streit über den neuen Generalsekretär des Bündnisses nicht beilegen können. Sie beschlossen am späten Freitagabend auf ihrem Gipfeltreffen in Baden-Baden nach Angaben von Diplomaten jedoch, an diesem Samstag einen neuen Einigungsversuch zu unternehmen. Der türkische Präsident Abdullah Gül hielt an seinen Bedenken gegen den dänischen Regierungschef Anders Fogh Rasmussen fest.

Vor dem Essen strahlten sie noch: Angela Merkel, Anders Fogh Rasmussen und Nicolas Sarkozy mit Partnern. (Foto: Foto: dpa)

Sowohl US-Präsident Barack Obama als auch Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy hätten vergeblich versucht, Gül umzustimmen. Nach Angaben von Diplomaten wollte Obama vor dem neuen Einigungsversuch vom Samstag noch einmal mit Gül sprechen. Der türkische Regierungschef Recep Tayyip Erdogan hatte am Freitag seine Ablehnung Rasmussens bekräftigt. Ankara ist vor allem erbost, dass Rasmussen bisher nichts gegen einen in Dänemark beheimateten kurdischen Fernsehsender getan hat.

Merkel hatte sich als Gipfelgastgeberin kurz vor Beginn eines Arbeitsessens im Kurhaus von Baden-Baden demonstrativ hinter die Kandidatur Rasmussens gestellt. "Ich bin der Überzeugung, dass es uns gelingen sollte, heute Abend einen neuen Nato-Generalsekretär zu benennen", sagte sie. Sie habe mehrfach deutlich gemacht, dass sie Rasmussen für "eine gute Wahl" halte. "Ich glaube deshalb auch, dass wir alles versuchen werden, um andere davon zu überzeugen, dass das so ist."

Die Kanzlerin sagte, sie glaube nicht, dass Rasmussen durch den Streit um den Posten beschädigt sei. "Die Nato-Generalsekretäre werden innerhalb der Nato einstimmig bestellt. Und jeder, der ein einstimmiges Votum hat, der ist in einer Demokratie gut gestellt. Insofern ist er, wenn er es wird, ein starker Generalsekretär." Rasmussen hatte sich am Freitag nach wochenlangem Dementieren als Kandidat für das Amt des Generalsekretärs zu erkennen gegeben.

Erdogan sagte einem Bericht des Fernsehsenders CNN-Türk vom Freitag zufolge, er sehe Rasmussen "negativ". Er kritisierte die Reaktion der Rasmussen-Regierung auf die Veröffentlichung von Karikaturen über den Propheten Mohammed in dänischen Zeitungen 2005.

Rasmussen habe auch den in Dänemark beheimateten kurdischen Fernsehsender Roj TV nicht gestoppt. "Das Medium der Terrororganisation in meinem Land sendet von Dänemark aus. Ich habe Herrn Rasmussen gebeten, das zu stoppen, aber er wollte oder konnte es nicht tun." Gül machte deutlich, sein Land wolle mit den Verbündeten weiter und ohne Eile über die Besetzung des Spitzenamtes sprechen. "Das Amt des jetzigen Nato-Generalsekretärs endet nicht morgen", sagte er.

"Wichtig ist nicht der Kandidat, sondern die Stärke der Nato." In Kopenhagen stellten sich die Politiker auf einen Rücktritt Rasmussens ein. Auch im Fall des Scheiterns seiner Kandidatur könne er "nicht in der gewohnten Form" nach Kopenhagen zurückkehren. In Kopenhagen galt als sicher, dass Rasmussen Anfang nächster Woche zurücktreten will, auch wenn der Nato-Gipfel in Straßburg und Kehl sich gegen ihn als neuen Generalsekretär entscheidet oder die Entscheidung bis zum Sommer aufschiebt.

Die Türkei könnte eine Berufung Rasmussens verhindern. Der Nato-Generalsekretär kann nur einstimmig ernannt werden. Der bisherige Nato-Generalsekretär, der Niederländer Jaap de Hoop Scheffer, scheidet Ende Juli aus dem Amt. Eine Reihe von neuen Nato-Mitgliedern aus Zentral- und Osteuropa hat in den vergangenen Monaten immer wieder gefordert, der neue Generalsekretär solle aus einem der Ost-Länder kommen. Unter anderem wurden dem polnischen Außenminister Radoslaw Sikorski Ambitionen auf das Nato-Amt nachgesagt.

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