Nato-Experte:Nahost-Friedenstruppe ist eine "realistische Option"

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Die von UN-Generalsekretär Kofi Annan ins Gespräch gebrachte Friedenstruppe der Nato bleibt umstritten. Für den Vorsitzenden des Nato-Militärausschusses, Harald Kujat, ist eine solche Mission mit UN-Mandat denkbar. Israel und die USA lehnen die Idee dagegen ab. Bei einem Angriff militanter Palästinenser starb ein siebenjähriges Mädchen.

Der Vorschlag von UN-Generalsekretär Kofi Annan, im Nahen Osten eine internationale Friedenstruppe zu stationieren, ist eine "realistische Option". Das erklärte der Vorsitzende des Nato-Militärausschusses, Harald Kujat, der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung.

Allerdings müsse es für die Mission ein UN-Mandat geben, zudem müssten sowohl die Israelis als auch die Palästinenser dem Einsatz zustimmen. Israels Verteidigungsminister Schaul Mofas erteilte dem Vorschlag allerdings schon eine Absage.

Zu einer möglichen deutschen Beiteiligung an der Nahost-Friedenstruppe sagte Kujat: "Man könnte sich dem schwerlich entziehen, wenn die Israelis dies wünschten." Die Ausgangsbasis für eine deutsche Mitwirkung sei gut, weil die Bundeswehr und die israelische Armee bisher schon sehr eng und vertrauensvoll zusammenarbeiteten. Ob es allerdings tatsächlich zur Entsendung der UN-Friedenstruppe komme, hänge von der Entwicklung in der Region ab, sagte der ehemalige deutsche Generalinspekteur der Zeitung.

Bedenken in den USA

In den USA wird die Entsendung von Nato-Soldaten kritisch betrachtet. Zuvor hatte US-Senator John Warner die Einsetzung von Truppen der Allianz in der Nahost-Region gefordert. "Die Situation kann von Palästinensern und Israelis nicht kontrolliert werden", hatte der Vorsitzende des Senats-Ausschusses für Bewaffnete Streitkräfte dem US-Nachrichtensender CNN erklärt. Die Friedenstruppen könnten zur Beruhigung der Lage in der Region beitragen. Ein solcher Einsatz sei innerhalb des Nordatlantik-Pakts bereits erwogen worden.

Die US-Regierung hat die Entsendung von US-Truppen nach Nahost jedoch bereits ausgeschlossen. Die verfeindeten Parteien müssten selber eine Lösung finden, um den "Terrorismus" gemeinsam zu bekämpfen, sagte US-Regierungssprecher Ari Fleischer in Kennebunkport im US-Bundesstaat Maine, wo Präsident George W. Bush sich aufhielt.

US-Soldaten dürften nicht in einer Region eingesetzt werden, in der sie zum Ziel von Anschlägen würden. Der US-Senator John Warner hatte am Mittwoch die Entsendung von NATO-Truppen in den Nahen Osten gefordert, nachdem die Lage dort "außer Kontrolle" geraten sei.

Bei einem Gespräch zwischen dem palästinensischen Sicherheitsminister Mohammed Dahlan und dem israelischen General Amos Gilad hat Israel die Forderung nach einem Rückzug aus dem Gazastreifen und aus Bethlehem abgelehnt. Zugesagt wurde lediglich eine teilweise Aufhebung der Blockade der durch den Gazastreifen verlaufenden Salahedin-Straße.

Auch Bewegungsfreiheit im Gazastreifen sowie die Öffnung des am Montag geschlossenen Grenzpostens von Rafah im Süden habe Israel nicht zusagen wollen.

Radikale Palästinenser nicht zu Waffenruhe bereit

Bei den Gesprächen palästinensischer Gruppen über eine Waffenruhe gegenüber Israel forderten die radikalen Bewegungen bei Regierungschef Machmud Abbas ihr "Recht zum Widerstand" ein, sagte der Anführer des Islamischen Dschihad, Mohammed el Hindi. Zugleich hätten sie sich bereit erklärt, "über einen Waffenstillstand gegen Zivilisten auf beiden Seiten zu sprechen".

Zuvor war Abbas in Gaza erstmals mit dem US-Sonderbeauftragten John Wolf zusammengetroffen, der den Friedensprozess vorantreiben soll. Am Freitag wird US-Außenminister Colin Powell zu Gesprächen mit seinem Kollegen Silvan Schalom und Ministerpräsident Ariel Scharon in Israel erwartet, wie ein israelischer Außenamtssprecher bestätigte. Dem israelischen Rundfunk zufolge war auch ein Treffen mit Abbas geplant.

Eine Waffenruhe ist eine der Voraussetzungen für die Umsetzung des Friedensplans von EU, UN, USA und Russland, der auf die Schaffung eines Palästinenserstaates bis 2005 zielt.

Palästinenser töten Siebenjährige

Bei einem Angriff mutmaßlicher palästinensischer Terroristen kam ein siebenjähriges Mädchen ums Leben. Der Vater des Kindes und ein weiteres Mädchen wurden nach Angaben von Rettungskräften verletzt, als ihr Wagen nahe der grünen Grenze, die Israel vom Westjordanland trennt, unter Beschuss geriet.

Scharon-Berater Salman Schowal reagierte mit neuen Vorwürfen auf den tödlichen Angriff. Sollte die Autonomiebehörde nicht die Kontrolle über die militanten Gruppen erlangen, seien die "Chancen für den Friedensfahrplan gleich null", sagte Schowal. Palästinensischen Sicherheitskräften zufolge rückten rund fünfzehn Panzer in Rafah ein. Planierraupen rissen demnach zwei Häuser nieder.

(sueddeutsche.de/AFP/dpa/AP)

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