Nahost-Konflikt:Zu viel versprochen

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Im November vergangenen Jahres standen alle Zeichen auf Frieden in Nahost. Doch jetzt zeigt sich: Die Einigung von Annapolis bleibt eine Fata Morgana.

Thorsten Schmitz

US-Präsident George W. Bush war es gelungen, 49 Staatsvertreter auf seine Konferenz nach Annapolis einzuladen, darunter auch den Außenminister Saudi-Arabiens und den Vize-Außenminister Syriens. Abbas und Olmert versprachen damals, bis zu Bushs Amtsende im Januar 2009 einen Friedensvertrag auszuarbeiten, in dem alle sechs Hauptstreitpunkte gelöst würden.

Auf der Friedenskonferenz von Annapolis: Ehud Olmert, Geroge W. Busch und Mahmud Abbas (v.l.) (Foto: Foto: AFP)

Wie indes ein Frieden zwischen Israel und den Palästinensern ohne die 1,5 Millionen von der Hamas beherrschten Palästinenser im Gaza-Streifen verwirklicht werden soll, ließen Bush, Abbas und Olmert allerdings offen. Ebenso wenig, wie man sich in allen strittigen Fragen in zwölf Monaten einigen könne, wenn das in den vergangenen Jahrzehnten nicht gelungen war.

So bleibt die Einigung von Annapolis eine Fata Morgana. Zwar haben sich Israelis und Palästinenser regelmäßig in Jerusalem getroffen, auch an diesem Dienstag sind Abbas und Olmert erneut in Jerusalem zusammengekommen, doch jedes Mal ergebnislos.

Der palästinensische Chefunterhändler Saeb Erekat sagt: "Wir haben bis jetzt nur unsere Standpunkte vorgetragen." Sein Chef Abbas sagt, es sei zweifelhaft, ob man eine Einigung hätte erreichen können, selbst wenn der unter Korruptionsverdacht stehende israelische Premierminister Olmert nicht vom Amt zurücktreten würde. Auch Tzipi Livni erklärte jüngst, eine Einigung in so kurzer Zeit sei illusorisch.

Eine Ursache für den Misserfolg bei den Gesprächen ist das Misstrauen auf beiden Seiten. Israel hält am Ausbau jüdischer Siedlungen fest. Die Zahl der Siedler im Westjordanland ist in den vergangenen 18 Monaten um rund 10.000 auf jetzt 275.000 Siedler gestiegen.

Auch weigert sich Olmert, den Ausbau jüdischer Siedlungen im arabischen Ost-Jerusalem einzustellen, das die Palästinenser als Hauptstadt eines künftigen Staates für sich beanspruchen. Zudem ist das Westjordanland mit rund 530 Armee-Kontrollpunkten gespickt; das belastet die palästinensische Wirtschaft und verlängert eigentlich kurze Fahrten zwischen Ramallah und Dschenin: Statt 30 Minuten ist man nun bis zu vier Stunden unterwegs von einem Ort zum anderen.

Die israelische Regierung wiederum misstraut Abbas‘ Einflussmöglichkeiten. Denn der Fatah-Chef ist seit dem Putsch der Hamas im Gaza-Streifen vor über einem Jahr nur noch Präsident im Westjordanland. Auf die Geschicke im Gaza-Streifen hat er keinen Einfluss.

Er kann nicht verhindern, dass Hamas und andere islamistische Terrorgruppen Raketen auf Ziele in Israel abfeuern. Sämtliche Versuche Ägyptens, Hamas und Fatah wieder an einen Tisch zu bringen und miteinander zu versöhnen, sind bislang ergebnislos verlaufen. So gilt Abbas in Israel als Auslaufmodell.

Bislang wollte er im Januar, wenn seine reguläre Amtszeit ausläuft, zurücktreten. Jetzt will er per Dekret noch ein Jahr länger im Amt bleiben und dann die Präsidenten- mit der Parlamentswahl zusammenlegen. Im israelischen Verteidigungsministerium fürchtet man, dass Abbas' Alleingang den Zorn der Hamas entfachen und ein Wiederaufflammen des Bruderkriegs nach sich ziehen werde.

© SZ vom 17.09.2008/cag - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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