Nahost-Friedensprozess:Düstere Perspektiven

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Der palästinensische Premier Rami Hamdallah beklagte bei seinem Besuch in Berlin, dass es den Friedensprozess zwischen Israelis und Palästinensern faktisch nicht mehr gebe. (Foto: Tobias Schwarz/AFP)

Bei seinem Besuch in Berlin fand der palästinensische Premier klare Worte zur Lage in seinem Land: Es dürfe nicht zu einem zweiten Südafrika werden. Aber Berlin zaudert.

Von Stefan Braun, Berlin

Die Hoffnung gering, die Perspektive schlecht und der Spielraum bescheiden - unter diesen Aussichten haben sich am Mittwoch Mitglieder der deutschen und der palästinensischen Regierung getroffen, um über Wege der Kooperation und Auswege aus der Nahostkrise zu beraten. Den Friedensprozess zwischen Israelis und Palästinensern gibt es faktisch nicht mehr. Und die Hoffnungen, daran zügig was zu ändern, gehen gegen null. Kein Wunder war es deshalb, dass der palästinensische Premierminister Rami Hamdallah düster klang, als er in Berlin auftrat.

Nach dem Treffen mit Außenminister Frank-Walter Steinmeier klagte Hamdallah, Israel konfisziere immer mehr Land, zerstöre palästinensische Häuser, isoliere mit seinem Siedlungsbau Jerusalem und unternehme damit alles, um eine Zwei-Staaten-Lösung unmöglich zu machen. Immer häufiger würden Leute deshalb von einer Ein-Staaten-Lösung sprechen. Genau das aber dürfe es niemals geben, verlangte der Palästinenser. "Niemand in der Welt darf so etwas gutheißen", so Hamdallah. "Südafrika darf sich nicht wiederholen."

In der Bundesregierung wird das kaum anders gesehen. Trotzdem wählte Steinmeier sanftere Worte, um Israel zu kritisieren. Und so sagte der Außenminister, was er in solchen Momenten jedes Mal sagt: "Der Status quo bringt keine Sicherheit, nicht für die Israelis, nicht für die Palästinenser." Auf die Frage, warum Berlin keine eigene Initiative starte, um Israelis und Palästinenser wieder an einen Tisch zu bringen, verteidigte der SPD-Politiker die eingeübte deutsche Zurückhaltung. Es wäre "ganz falsch", nun in einen Wettbewerb der Initiativen zu verfallen; immerhin habe Frankreich vor wenigen Wochen einen neuen Anlauf gestartet. Dass dieser Anlauf kaum Chancen auf Erfolg hat, ließen beide Seiten unausgesprochen.

Stattdessen lobte Steinmeier die jüngsten Anstrengungen der Palästinenser, wenigstens im eigenen kleinen Machtbereich Fortschritte zu erzielen. Er begrüßte vor allem die Bemühungen, den palästinensischen Haushalt in den sogenannten Autonomiegebieten zu konsolidieren - und damit auch der grassierenden Korruption allmählich etwas Paroli zu bieten. Zugesagt wurde den Palästinensern außerdem, auf verschiedensten Feldern die Kooperation auszubauen. Das soll unter anderem beim Umweltschutz, beim Straßenbau, bei der Förderung des Schulsystems geschehen.

Eine schnelle Besserung der Lage dürfte all das den Palästinensern kaum bringen. Deswegen zeigte sich in Berlin niemand verwundert über die Tatsache, dass die Palästinenser derzeit sehr mit sich selbst ringen würden. Die einen hofften weiter auf Verhandlungen; die anderen setzten darauf, Israel weltweit zu isolieren. So verständlich dies sei, so hinderlich sei es bei dem Versuch, die eigene Position zu stärken, hieß es in Berlin.

© SZ vom 27.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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