Nachfolge-Kandidaten:Blühendes "Papa-Toto"

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Bereits vor dem Tod von Johannes Paul II. wurde über mögliche Nachfolge-Kandidaten spekuliert. Einer der heißesten Kandidaten ist zurzeit ein Deutscher. Doch auch Kardinäle aus Afrika und Südamerika stehen bereit. Und natürlich die obligatorischen Italiener.

Von Bernd Oswald

Als Karol Wojtyla am 16. Oktober 1978 nach einem dreitägigen Konklave zum 264. Papst gewählt wurde, war das eine große Überraschung für die Außenwelt.

Eigentlich hatten die italienischen Kardinäle Siri und Benelli als Favoriten gegolten. Die beiden blockierten sich jedoch gegenseitig und so erhielt der Pole Wojtyla im achten Wahlgang 98 von 111 Stimmen des Konklaves.

Bei der Wahl des neuen Papstes spielen Herkunft, Alter und Weltanschauung die größte Rolle.

Jahrhundertlang stellte Italien den Papst. Nachdem nun ein Pole im Amt ist, gibt es Stimmen, die wieder einen Italiener an der Reihe sehen.

Gute Chancen werden Kardinalstaatssekretär Angelo Sodano (77) eingeräumt. Sodano, in seiner Position einer der engsten Vertrauten Johannes Pauls II., war mehrfach als Diplomat in Lateinamerika und lange Zeit Apostolischer Nuntius in Chile. Deshalb könnte er möglicherweise auch auf interkontinentale Stimmen zählen.

Ein schwarzer Papst?

Zu den anderen Kandidaten der Italo-Fraktion zählen der emeritierte Patriarch von Venedig Marco Cè (79), der Generalvikar der Diözese Rom Camillo Ruini (73), der Präfekt der Bischofskongregation Giovanni Battista Re (71), der Mailänder Erzbischof Dionigi Tettamanzi (70) und der Patriarch von Venedig Angelo Scola (63).

Aber auch in Lateinamerika und Afrika gibt es Anwärter, für die eine wachsende Zahl von Gläubigen spricht. Denn auf den missionierten Kontinenten wächst die Glaubensgemeinschaft, im Unterschied zu Europa. Gerade Afrika ist für die katholische Kirche der Kontinent der Hoffnung.

Einen schwarzen Papst gab es bisher noch nicht. Lange galt der Kurienkardinal Bernardin Gantin (82) aus Benin als heißer Tip - inzwischen ist er allerdings zu alt. Dafür gilt nun der Nigerianer Francis Arinze (72) als möglicher Kandidat. "Der übt schon jeden Tag", spottet ein deutscher Prälat, der als exzellenter Afrikakenner gilt.

"Papabile" Südamerikaner

Aber auch in Südamerika gibt es interessante Aspiranten, etwa den 75-jährigen Kolumbianer Dario Castrillon Hoyos, der in der Kokain-Krise vermittelte. Unter den gerade ins Kardinalskollegium berufenen Eminenzen gelten ebenfalls zwei Südamerikaner als "papabile": Der Brasilianer Claudio Hummes, (70), und der erst 62-jährige Oscar Andres Rodriguez Maradiaga aus Honduras.

Doch im Herbst 2004 stellte Joseph Ratzinger, der Dekan des Kardinalskollegiums, die Frage in den Raum, ob "die europäische Christenheit" einen Papst aus Afrika oder Südamerika "schon schlucken würde".

Neuerdings gilt Ratzinger selbst als Kandidat für den Stuhl Petri. Der 77-Jährige sei derzeit "Nummer eins" unter den möglichen Nachfolgern, schreibt der renommierte italienische Vatikanist Marco Politi in der römischen Zeitung La Repubblica. Bereits kürzlich hatte das amerikanische Time Magazine Vatikanquellen zitiert, die Ratzinger als Favoriten sehen.

Deutsches "Übergangs-Pontifikat"?

Ratzinger, der erzkonservative Präfekt der Glaubenskongregation, gilt als einer der engsten Vertrauten des Papstes. Für seine Nachfolge spricht den Informationen zufolge nicht zuletzt sein hohes Alter: Damit wäre ein "Übergangs-Pontifikat" garantiert, bevor die Kirche größere Reformen anpackt.

Johannes Paul II. wurde mit 58 Jahren gewählt. Er übt sein Pontifikat mit über 26 Jahren doppelt so lange aus wie der Durchschnitt aller Päpste des vergangenen Jahrhunderts.

Alle Spekulationen sind mit größter Vorsicht zu genießen. Denn eine alte Weisheit aus der verschwiegenen Runde des Kardinalskollegiums lautet: Wer in Zusammenhang mit der Papstwahl durch Reden auffällt, weiß nichts, und wer etwas weiß, spricht nicht.

Übrigens: Keiner der im Vorfeld eines Konklaves gehandelten Favoriten ist jemals zum Papst gewählt worden.

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