Nach Überfall in Potsdam:DNA-Spuren belasten Festgenommene

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Eine Woche nach dem Mordversuch an einem Deutsch-Äthiopier erhärtet sich der Verdacht gegen die beiden inhaftierten Männer. DNA-Spuren an Bierflaschen-Glassplittern könnten von einem der beiden Beschuldigten stammen, teilte Generalbundesanwalt Kay Nehm mit. Auch die Stimmaufzeichnungen wurden bereits ausgewertet.

Die Analyse habe ergeben, dass der zweite Verdächtige "wahrscheinlich einer der Sprecher" auf der Telefon-Mailbox der Ehefrau des Opfers sei, sagte Nehm in Karlsruhe.

Eine Woche nach dem rassistischen Angriff auf Ermyas M. hat sich dessen Gesundheitszustand leicht stabilisiert. Die Ärzte im Potsdamer Ernst-von-Bergmann-Klinikum stellten fest, dass er mit Unterstützung einer Beatmungsmaschine erste eigene Atemzüge machen konnte, wie Kliniksprecherin Theresa Decker in Potsdam sagte. Der 37-jährige Ingenieur liege aber weiter im künstlichen Koma, sein Zustand sei noch immer lebensbedrohend.

Die Bundesanwaltschaft geht weiter von einer fremdenfeindlichen Tat aus. Laut Nehm hat der Deutsche äthiopischer Herkunft schwere Kopfverletzungen erlitten. "Ob darüber hinaus weitere Verletzungen vorliegen, ist bislang nicht klar", hieß es. Der kritische Zustand des Wasserbau-Ingenieurs erlaube es zurzeit nicht, alle Verletzungen durch rechtsmedizinische Untersuchungen sicher feststellen zu lassen.

Die Ermittlungen zum Tathergang und zum Hintergrund der Tat dauern an. Der Zustand des zweifachen Familienvaters hatte sich leicht gebessert, er ist aber weiter in Lebensgefahr.

Schönbohm attackiert Nehm

Unterdessen nimmt der politische Streit über die Hintergründe der Tat an Schärfe zu. Brandenburgs Innenminister Jörg Schönbohm kritisierte Generalbundesanwalt Kay Nehm. Es wäre nicht erforderlich gewesen, dass Nehm die Ermittlungen an sich zieht, sagte er der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.

"Er hat aus der Sache ein Politikum gemacht und zu einer Stigmatisierung Brandenburgs beigetragen." Die Hinweise auf einen rechtsextremen Hintergrund der Tat seien zumindest fragwürdig, sagte der CDU-Politiker.

Der 37 Jahre alte Deutsche äthiopischer Herkunft war an einer Bushaltestelle in Potsdam niedergeschlagen worden. Die Angreifer hätten dem Ingenieur einen einzigen, wuchtigen Faustschlag versetzt und ihm dadurch den Schädelknochen an einem Auge zertrümmert, erklärte die Bundesanwaltschaft.

Tathergang unklar

Der Tathergang ist weiter strittig. Nach Angaben des Nachrichtenmagazins Focus haben Zeugen berichtet, das Opfer habe vor dem Überfall in einer nahe dem Tatort gelegenen Discothek eine tätliche Auseinandersetzung mit zwei Personen gehabt. Der Betreiber der Discothek habe sich am Freitag dazu nicht äußern wollen. Er habe eine "Vereinbarung mit der Polizei" und wolle die Ermittlungen nicht gefährden, zitiert Focus den Mann.

Zudem war das Opfer zum Tatzeitpunkt nach Angaben des Magazins stark alkoholisiert. Ärzte sollen bei ihm demnach 2,08 Promille festgestellt haben. Auch die Täter hätten nach Informationen aus Polizeikreisen auf der Minuten langen Mailbox-Aufnahme stark betrunken geklungen.

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