Nach Merkel-Kritik:USA verteidigen Guantanamo

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In Europa erntete die Kanzlerin viel Beifall für ihre Forderung nach einer Schließung des Gefangenenlagers Guantanamo. Wenige Tage vor Merkels Antrittsbesuch in Washington reagierte jetzt die US-Regierung - und machte klar, was sie vom Vorstoß der deutschen Regierungschefin hält.

Die US-Regierung erteilte der Forderung von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zu einer Schließung des Gefangenenlagers Guantánamo Bay auf Kuba eine Absage. "Jeder hofft, dass wir an einen Punkt gelangen, an dem wir keine Einrichtungen wie diese brauchen. Aber wir haben diesen Punkt nicht erreicht", sagte US-Außenamtssprecher Sean McCormack am Montag auf eine Journalistenfrage zu den jüngsten Äußerungen Merkels.

Umstrittene Haftbedingungen: In dem US-Lager in Kuba werden etwa 500 mutmaßliche Terroristen festgehalten. (Foto: Foto: Reuters)

Die CDU-Politikerin hatte im Vorfeld ihres Treffens mit Präsident George W. Bush am kommenden Freitag in einem Spiegel-Interview erklärt, es müsse eine Alternative zu Guantánamo Bay gefunden werden. Weiter kündigte sie an, dass sie das Thema bei ihrer Begegnung mit Bush ansprechen werde.

"Sehr gefährliche Leute"

"Guantánamo dient einem Zweck, und seine Existenz hat einen Grund", sagte McCormack. "Es hält sehr gefährliche Leute von der zivilisierten Gesellschaft fern. Wir dürfen uns keiner Illusion hingeben: Wenn diese Leute frei gelassen würden, würden sie sofort wieder den Kampf aufnehmen. Wir haben solche Fälle schon erlebt."

Der Sprecher fügte hinzu, es gebe einen legalen Prozess zur Prüfung der Umstände der Gefangenschaft. Außerdem könne das Internationale Rote Kreuz 24 Stunden am Tag vor Ort präsent sein. "Aber Guantánamo Bay dient einem Zweck", bekräftigte McCormack.

In dem US-Lager in Kuba werden etwa 500 mutmaßliche Terroristen festgehalten, viele von ihnen schon seit vier Jahren, ohne dass sie bisher angeklagt worden sind. In der Vergangenheit hat es immer wieder internationale Proteste gegen das Vorgehen der USA gegeben.

Häftlinge werden zwangsernährt

In Guantánamo werden nach Armeeangaben derzeit 32 im Hungerstreik befindliche Häftlinge zwangsernährt. Es gebe unter den Terrorverdächtigen eine "sehr engagierte Kerngruppe" von Hungerstreikenden, sagte Oberstleutnant Jeremy Martin in Guantánamo.

Die Betroffenen würden über die Gefahren der Nahrungsverweigerung "aufgeklärt" und über Schläuche durch die Nase oder über Infusionen zwangsernährt. Derzeit verweigerten 43 Gefangene die Nahrungsaufnahme, einige von ihnen bereits seit mehreren Monaten.

Die ersten Hungerstreiks in Guantánamo hatten im August begonnen. Im September nahmen nach US-Angaben 131 Gefangene an der Aktion teil. Die meisten von ihnen brachen den Hungerstreik inzwischen ab.

Die US-Armee spricht von einem Hungerstreik, wenn ein Gefangener neun Mahlzeiten in Folge verweigert. Sobald der Gefangene wieder drei Mahlzeiten zu sich genommen hat, wird der Hungerstreik als beendet angesehen.

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