Nach Krisengespräch mit Stoiber:Seehofer bleibt an Bord

Lesezeit: 2 min

Der CSU-Sozialexperte soll nach Informationen der Süddeutschen Zeitung als CSU-Vize und als stellvertretender Fraktionschef in Berlin im Amt bleiben, wird jedoch die Verantwortung für die Gesundheitspolitik abgeben. Das ist das Ergebnis eines Gesprächs zwischen Seehofer und CSU-Chef Edmund Stoiber.

Von Peter Fahrenholz und Susanne Höll

Seehofer hatte zuvor Stoiber und CDU-Chefin Angela Merkel in einem Brief seinen Rücktritt von allen Ämtern angeboten. Eine endgültige Entscheidung soll allerdings erst unmittelbar vor Beginn des CSU-Parteitages am heutigen Freitag fallen.

CSU-Chef Stoiber und einer seiner Stellvertreter - ob es bei der Konstellation bleibt? (Foto: Foto: dpa)

Dass Seehofer seine Führungsfunktionen behält und nur die Zuständigkeit für die Gesundheitspolitik abgibt wurde aus CSU Kreisen als "eher wahrscheinlich" bezeichnet. Als mögliche Nachfolger Seehofers für die Gesundheitspolitik wurden die CSU-Abgeordneten Wolfgang Zöller und Gerda Hasselfeldt genannt.

In einer Erklärung der CSU hieß es, es werde geprüft, ob Seehofer ein anderes Aufgabenfeld übernehmen könne. Das könnte die CSU allerdings nicht alleine entscheiden, dafür müsste die Zustimmung der CDU eingeholt werden. Bisher hatte die CDU einen Ämtertausch abgelehnt. Stoiber und Merkel seien darüber "im Gespräch", hieß es in der Erklärung.

Seehofer hatte in seinem Brief an die Vorsitzenden abermals sein Nein zu dem Kompromiss begründet, der in CDU und CSU trotz zahlreicher Bedenken mitgetragen wird.

Der Vorschlag für eine teils steuerfinanzierte Kopfpauschale sei undurchsichtig, nicht gerechnet und verteilungspolitisch problematisch, erklärte Seehofer, wie die Süddeutsche Zeitung aus Unionskreisen erfuhr. Seehofer habe auch seine Hoffnung ausgedrückt, dass in großen Volksparteien wie der Union Raum für abweichende Meinungen sein müsse. Wenn dies aus Sicht der Parteivorsitzenden nicht möglich sei, sei er bereit, seine Ämter in die Hände Stoibers zu legen und somit zur Verfügung zu stellen.

Ringen um die Verantwortung

Seehofer traf am Donnerstag in München mit Stoiber zusammen, der vor dem am heutigen Freitag beginnenden CSU-Parteitag mehrmals versucht hatte, seinen Stellvertreter zum Einlenken zu bewegen. Seehofer hatte sich aber geweigert.

In Unionskreisen hieß es, zwischen Seehofer und Stoiber werde nun um die Verantwortlichkeit für einen Rücktritt gerungen. "Stoiber will nicht sagen, Seehofer muss weg. Aus Sicht Stoibers muss Seehofer aus eigener Entscheidung gehen", hieß es.

In der Unionsfraktion in Berlin wurde während des gestrigen Donnerstages ein Verbleib Seehofers als Vize-Fraktionschef für nicht mehr möglich gehalten: "Dazu ist es jetzt zu spät."

Ausweg im Krisengespräch

In dem Krisengespräch in der Staatskanzlei wurde dann aber offenbar ein Ausweg gefunden. Stoiber erinnerte Seehofer in dem Gespräch in der Münchner Staatskanzlei nach SZ-Informationen daran, dass die gesamte CSU den von Seehofer im Sommer 2003 ausgehandelten Gesundheitskompromiss mit der Bundesregierung loyal mitgetragen habe, obwohl eine Reihe von Vereinbarungen in der CSU auf Bedenken gestoßen seien.

Diese Loyalität sei der Partei sechs Wochen vor der Landtagswahl in Bayern nicht leicht gefallen, soll Stoiber gesagt haben. Seehofer habe zu erkennen gegeben, dass es ihm nicht um Konfrontation, sondern um Zusammenarbeit gehe, hieß es nach dem Gespräch.

Stoiber hatte in dem Gespräch auch deutlich gemacht, dass Seehofers Posten als CSU-Vize von dem aktuellen Streit um die Gesundheitspolitik ohnehin "nicht berührt" sei. Dieses Amt sei "breiter angelegt" und umfasse das gesamte politische Spektrum, heißt es in der Erklärung Stoibers.

Stoibers Signale

Stoiber signalisierte damit unmittelbar vor Beginn des CSU-Parteitages, dass er weiterhin mit Seehofer als Vize zusammenarbeiten könne.

Um eine breite Debatte zum Gesundheitskompromiss zu ermöglichen, wurde die Regie des CSU-Parteitages in letzter Minute geändert. Die Debatte über die Gesundheitspolitik soll jetzt schon um 15 Uhr beginnen und in eine formelle Abstimmung münden.

Es gilt als ziemlich sicher, dass Stoiber dabei eine breite Mehrheit für seinen Kurs bekommen wird und Seehofer und seine Anhänger klar in der Minderheit bleiben werden. Seehofers Büros sollen in den vergangenen Tagen Hunderte von Briefen, E-Mails und Anrufen erhalten haben, in denen Seehofer zum Durchhalten und zum Bleiben aufgefordert worden ist.

© SZ vom 19.11.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: