Mutmaßlicher Islamist:Terrorverdächtiger begeht Selbstmord

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Der mutmaßliche Islamist al-Bakr wird erhängt in der JVA Leipzig aufgefunden. Details über seine Anschlagspläne könnten nun im Dunkeln bleiben.

Von Stefan Braun, SZ, Berlin

Der unter Terrorverdacht festgenommene Syrer Dschaber al-Bakr ist tot. Das bestätigte ein Sprecher des sächsischen Justizministeriums der Süddeutschen Zeitung am Mittwochabend. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur soll sich der 22-Jährige erhängt haben. Nach einem Bericht von Spiegel Online soll sich der Mann wegen eines Hungerstreiks und wegen akuter Suizidgefahr unter ständiger Beobachtung befunden haben.

Al-Bakr soll nach Erkenntnissen des Verfassungsschutzes einen Anschlag auf Bahnhöfe oder Flughäfen geplant haben. Die Polizei war dem mutmaßlichen Islamisten erst seit kurzem auf der Spur, am Samstag war seine Festnahme in einer Chemnitzer Wohnung fehlgeschlagen. In seiner Wohnung fand die Polizei den hochgefährlichen Sprengstoff TATP, dieser wurde auch bei den Anschlägen von Paris und Brüssel eingesetzt. Am Montag schließlich war al-Bakr von Landsleuten in Leipzig erkannt, überwältigt und gefesselt der Polizei übergeben worden. Bereits da hatte es Kritik am Vorgehen der sächsischen Polizei gegeben.

In Berlin wurde der Selbstmord am Abend bestätigt, wenngleich das Bundesinnenministerium darauf verwies, dass Details nur die ermittelnden Behörden in Sachsen veröffentlichen könnten. Dass das geschehen konnte, löst bei den Sicherheitsbehörden des Bundes Verstimmung und intern auch Unmut aus. Durch den Suizid sind die Möglichkeiten stark gesunken, viele Details über al-Bakrs Hintergründe und seine möglichen Verbindungen zum IS zu gewinnen. Außerdem wächst in so einem Fall die Gefahr, dass die Terrororganisation al-Bakr als Märtyrer berühmt macht und zur weiteren Rekrutierung neuer Täter zu nutzen versucht.

Der Suizid ist auch deshalb so problematisch, weil al-Bakr nach den bisherigen Erkenntnissen eher nicht schon als Dschihadist nach Deutschland kam, sondern sich in seiner Zeit als Flüchtling hier offenbar radikalisierte. Gerade für diese Fälle erhofften sich die Sicherheitsbehörden von ihm und über seine Kontakte weitere Erkenntnisse über Radikalisierungsprozesse und entsprechende Netzwerke in Deutschland und Europa.

Am Mittwoch stellte sich auch heraus, dass al-Bakr bei seiner Einreise nach Deutschland von den Sicherheitsbehörden überprüft worden war. Dabei war aber nichts Ungewöhnliches aufgefallen. Außerdem ist er später, als Asylbewerber, ein- oder sogar zweimal in der Türkei und von dort aus womöglich sogar in Syrien gewesen. Auch das, so viel ist jetzt klar, ist den Behörden nicht aufgefallen. Aus diesem Grund wiederholte der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Hans-Georg Maaßen, am Mittwoch seine Forderung, der Verfassungsschutz müsse einen kompletten Zugang zur zentralen Flüchtlingsdatei erhalten. Der Terrorverdächtige hätte nach Einschätzung des Verfassungsschutzes innerhalb weniger Tage eine Bombe in Deutschland zünden können. Maaßen sagte der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, seine Behörde habe den Eindruck gewonnen, "dass der Verdächtige schon in dieser Woche einen Anschlag verüben könnte". Deswegen sei der Zugriff auf al-Bakr am Wochenende erfolgt.

© SZ vom 13.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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