Müntefering weist Kritik der Union zurück:Vizekanzler kritisiert "Gegacker" der Union

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Der Tonfall in der Koalition verschärft sich. Franz Müntefering hat im Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung die Kritik der Union an den SPD-Beschlüssen scharf zurückgewiesen. Vor dem Treffen des Koalitionsausschusses zeigten sich Uneinigkeiten über Post-Mindestlohn, Eltern- und Arbeitslosengeld.

Nina Bovensiepen und Nico Fried

Vizekanzler Franz Müntefering (SPD) hat Kritik der Union an den Parteitagsbeschlüssen der Sozialdemokraten als "kleinkariert" zurückgewiesen.

Arbeitsminister Müntefering über die Themenkompetenz der Union: "Gegacker auf dem Hühnerhaufen". (Foto: Foto: dpa)

"Was die machen, ist keine Auseinandersetzung mit Themen, sondern Gegacker auf dem Hühnerhaufen", sagte Müntefering der Süddeutschen Zeitung.

Der Arbeitsminister verschärfte damit den Ton in der koalitionsinternen Debatte über eine Vielzahl an Themen.

Kurz vor dem Treffen der Spitzen von Union und SPD am kommenden Sonntag eskalierten vor allem der Streit über den Post-Mindestlohn und das Betreuungsgeld für Eltern, die ihre Kinder zu Hause aufziehen und nicht in eine Krippe geben wollen.

Weiter ungeklärt sind auch die Verlängerung des Arbeitslosengeldes für Ältere, die Bahnreform und etwaige Korrekturen bei der Pendlerpauschale. Der CSU-Landesgruppenchef im Bundestag, Peter Ramsauer, sagte: "Je weniger beim Koalitionsausschuss herauskommt, desto besser für Deutschland."

Eine Nicht-Einigung sei immer noch besser, als die Forderungen der SPD zu erfüllen, fügte er hinzu. Die Verärgerung über den Kurs der SPD in der Union sei groß.

Besonders verhärtet sind die Fronten beim geplanten Mindestlohn für Briefdienste. Müntefering wies Vorwürfe aus der Union zurück, dass die von der Deutschen Post und der Gewerkschaft Verdi ausgehandelte Lohnuntergrenze die von SPD und Union vereinbarten Bedingungen nicht erfüllt.

"Wir haben uns völlig korrekt bewegt", sagte der Minister. Die Koalition hatte vereinbart, dass der Post-Mindestlohn-Tarifvertrag für alle Wettbewerber für verbindlich erklärt wird, wenn er mindestens 50 Prozent der Beschäftigten der Branche erfasst.

Neuen Zahlen der Bundesnetzagentur zufolge fallen aber höchstens 42 Prozent der Arbeitnehmer darunter.

CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla hatte gefordert, die Tarifpartner müssten "zügig wieder an einen Tisch und miteinander reden".

Müntefering sagte, die neuen Zahlen der Bundesnetzagentur würden nicht für die Briefdienste gelten, "um die es geht".

Seiner Ansicht nach solle der Mindestlohn nur für vollwertige Briefdienstleister gelten - und nicht etwa für Zeitungsträger oder Supermarktkräfte, die ab und zu mit Briefen zu tun hätten.

Der Union warf er indirekt vor, den Post-Mindestlohn verhindern zu wollen. So nehme das Wirtschaftsministerium von Michael Glos (CSU) "in einer Art auf die Tarifautonomie Einfluss, die ich nicht akzeptieren kann".

Unmut in der SPD zog unterdessen Familienministerin Ursula von der Leyen (CDU) auf sich, weil sie das umstrittene Betreuungsgeld in einen Gesetzentwurf zur Kinderbetreuung schreiben ließ. Die SPD-Vize-Fraktionsvorsitzende Nicolette Kressl kritisierte, von der Leyen verstoße damit gegen Koalitionsabsprachen.

Die SPD ging bislang davon aus, dass monatliche Zahlungen für die Betreuung von Kleinkindern zu Hause nicht im Gesetzentwurf erwähnt werden sollten. Von der Leyen hatte sich mit der Aufnahme des Betreuungsgeldes in den Entwurf trotz eigener Bedenken offenbar dem Druck aus der CSU gebeugt.

Deren Chef Erwin Huber lobte den Entwurf. Huber sagte der Passauer Neuen Presse, Wahlfreiheit für junge Eltern heiße, dass es neben dem Rechtsanspruch auf einen Krippenplatz auch ein Betreuungsgeld geben müsse.

© SZ vom 2.11.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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