Münchner Terrorgruppe:Neonazis hatten auch Moscheen im Visier

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Die mutmaßlichen Rechtsterroristen haben sich nicht nur auf jüdische Einrichtungen konzentriert: Auch über Moscheen und eine griechische Schule sammelten die Neonazis Informationen. Das berichten die Nachrichtenmagazine Focus und Der Spiegel. Unterdessen wurden gegen drei weitere Rechtsextremisten Haftbefehl erlassen.

Einer von ihnen soll Mitglied einer terroristischen Vereinigung um den bekannten Neonazi Martin Wiese gewesen sein. Die Haftbefehle gegen die beiden anderen, die der Unterstützung beschuldigt werden, wurden vorerst außer Vollzug gesetzt, wie die Sprecherin der Bundesanwaltschaft, Frauke-Katrin Scheuten in Karlsruhe sagte.

Die Magzine Focus und Der Spiegel berichteten, die Polizei habe aus abgehörten Telefonaten erfahren, dass die Gruppe um den Rechtsextremisten Martin Wiese tatsächlich überlegt habe, einen Sprengsatz am 9. November während der feierlichen Grundsteinlegung für das jüdische Gemeindezentrum in München zu zünden. Die Anschlagliste entdeckten die Fahnder in der Wohnung Wieses.

Fast zwei Kilo TNT auf dem Dachboden

Die Sprecherin der Bundesanwaltschaft, Frauke-Katrin Scheuten, wollte zu den Berichten aus ermittlungstaktischen Gründen keine Angaben machen. Den Magazinen zufolge erzielten die Beamten den entscheidenden Fahndungserfolg in der letzten Augustwoche.

Auf dem Dachboden am Arbeitsplatz des zweiten Hauptverdächtigen, des 27-jährigen Alexander M., einer Schreinerei, fand die Polizei eine Reisetasche mit explosivem Inhalt: 1,7 Kilogramm TNT, eine scharfe Handgranate und weitere 12,3 Kilogramm sprengstoffverdächtiges Material.

In den Wohnungen zweier weiterer Beschuldigter aus Brandenburg seien zudem mehrere intakte Sprengstoffzünder entdeckt worden. Bei den Vorbereitungen zu einem Anschlag auf den Bauplatz für das neue jüdische Gemeindezentrum hatten die Neonazis laut Focus zumindest zeitweise geplant, einen Sprengsatz in einem Haus am Jakobsplatz zu verstecken.

Rau bestürzt über Anschlags-Pläne

Unklar ist aber offenbar noch, ob die Bombe genau zur Feierstunde oder schon in der Nacht davor explodieren sollte. Den mutmaßlichen Terroristen sei offenbar klar gewesen, dass die Baustelle wegen der erwarteten hochrangigen Politiker schon Tage vor dem Festakt streng bewacht werden würde. Diese scharfe Sicherheitslage sei möglicherweise der Grund dafür gewesen, dass sich die Rechtsextremisten nach alternativen Anschlagzielen umgeschaut hätten.

An der Feier zur Grundsteinlegung am 9. November, dem Jahrestag der Reichspogromnacht, sollen neben Bundespräsident Johannes Rau der Vorsitzende des Zentralrats der Juden in Deutschland, Paul Spiegel, CSU-Chef Stoiber und zahlreiche andere Prominente teilnehmen. Mehrere hundert Gäste werden erwartet.

Rau zeigte sich in einem Interview der Bild-Zeitung (Samstagausgabe) bestürzt über die Attentatspläne und rief dazu auf, im Kampf gegen den Rechtsextremismus nicht nachzulassen. Es sei bestürzend zu sehen, "wie viel Hass und Menschenverachtung es in diesem Milieu gibt".

(sueddeutsche.de/AP/dpa)

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