Mord an Rafik al-Hariri:Gezielte Enthüllung

Neue Ermittlungsergebnisse im Libanon sollen belegen, dass die Hisbollah Ministerpräsident al-Hariri ermordet hat. Aber warum werden die angeblichen Fakten kurz vor den Wahlen lanciert?

Tomas Avenarius

Politische Morde werden selten bis ins allerletzte Detail aufgeklärt: Die Täter sind entweder geistesgestört oder aber vom Geheimdienst. Erstere können ihre Handlungen nicht nachvollziehbar darlegen, Letztere wollen es nicht. Das Attentat auf den ehemaligen libanesischen Ministerpräsidenten Rafik al-Hariri geht zweifelsfrei auf Geheimdienste zurück. Die ungelöste Frage ist aber bis heute: Auf welche?

Ein Soldat steht in Beirut vor einem überlebensgroßen Poster des ehemaligen libanesischen Ministerpräsidenten Rafik al-Hariri. (Foto: Foto: Reuters)

Unter Berufung auf die seit vier Jahren arbeitenden internationalen Ermittler hieß es immer, das syrische Regime habe den missliebigen Libanesen beseitigen lassen. Jetzt soll es plötzlich die Hisbollah gewesen sein. Jene libanesische Islamistenmiliz, die ein iranisch-syrisches Patenkind ist und der Erzfeind Israels. Sinn machen würde es: Schließlich war Hariri prowestlich eingestellt.

Er betrieb eine antiiranische und antisyrische Politik. Er war kein Freund der Hisbollah. Er stand mit Sicherheit den Plänen Irans und seiner libanesischen Statthalter im Wege, den Libanon mit Hilfe der Hisbollah als strategischen Vorposten Teherans zu nutzen.

Stutzig macht nur, dass die Berichte über die angeblichen Ermittlungsergebnisse in eine Zeit fallen, in der sich das Schicksal des Libanon ein weiteres Mal entscheidet: In zwei Wochen wird gewählt.

Die Hisbollah rechnet mit sattem Stimmenzuwachs, mit größerer Mitsprache in der Regierung. Noch mehr Macht für die libanesischen Parteigänger Teherans im Libanon - das wollen weder die Amerikaner noch die Israelis noch die Europäer. Die Enthüllungen sind gezielt zu diesem Zeitpunkt lanciert worden. Über ihren Wahrheitsgehalt sagt dies nichts aus. Der Hisbollah allerdings werden sie so oder so schaden.

© SZ vom 25.05.2009/woja - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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