Mitbestimmung:Wo ein Kläger...

Das Bundesarbeitsgericht spricht eine Einladung aus.

Von Detlef Esslinger

Kommt nicht oft vor, dass ein Gericht eine Einladung ausspricht - am Mittwoch aber war dies der Fall: Das Bundesarbeitsgericht in Erfurt hat im Prinzip die Gewerkschaften eingeladen, sich mithilfe des Gerichtswegs mehr Mitbestimmung zu sichern. Zu entscheiden hatte das Gericht scheinbar nur über eine Klage, das Wahlverfahren für den Aufsichtsrat beim Reifenhersteller Goodyear Dunlop in Hanau betreffend: ob dort inklusive der Leiharbeiter weniger oder mehr als 8000 Arbeitnehmer arbeiten; ob die Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat dort deshalb nun direkt oder durch Delegierte zu wählen sind. Das klingt nach einem äußerst speziellen Fall.

Es ist aber das Gegenteil davon. Die Erfurter Richter zählten die Leiharbeiter zur Belegschaft mit. Und schon ergibt ein Gedanke den nächsten: Wenn Leiharbeiter bereits relevant sind bei der Frage, wie Arbeitnehmervertreter zu wählen sind - wären sie es dann nicht erst recht bei der Frage, ob solche zu wählen wären? Die Fälle sind zahllos, in denen Firmen und Gewerkschafter darum zanken, auf wie viele Betriebsräte und Arbeitnehmer-Aufsichtsräte die Belegschaft eigentlich Anspruch hat.

Ein solcher Fall war am Mittwoch nicht zu entscheiden. Aber sollte nun eine Gewerkschaft beschließen, einen konkreten Disput auf den Weg durch die Instanzen zu schicken - das Signal aus Erfurt wäre da: Wo ein Kläger, da ein Richter.

© SZ vom 05.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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