Mission in Riad:Stimmung miserabel, Lage vertrackt

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Außenminister Frank-Walter Steinmeier (links) und der Generalsekretär des Kooperationsrats der Arabischen Staaten des Golfs, Abdullatif bin Rashid Al-Zayani. (Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa)

Außenminister Frank-Walter Steinmeier spricht bei seinem Besuch in Riad von "tiefen Gräben" zwischen dem Iran und Saudi-Arabien.

Von Stefan Braun, Riad

Außenminister Frank-Walter Stein-meier kommt bei seinen Bemühungen, die Spannungen zwischen Iran und Saudi-Arabien zu entschärfen, kaum voran. Nach einem Treffen mit dem saudischen König Salman in Riad sagte Steinmeier, obwohl es auch dort eine grundsätzliche Gesprächsbereitschaft gebe, sei es derzeit ,,sehr schwer, die Gräben zwischen Iran und Saudi-Arabien zu überbrücken''. Sein saudischer Kollege Adel Ahmed Al-Jubair betonte, Iran mische sich in Libanon, Syrien und Jemen ein, besetze dort gar arabisches Land und versuche immer wieder, über Bahrain Waffen nach Saudi-Arabien zu schmuggeln. Deshalb sei eine Annäherung äußerst schwierig, obwohl Saudi-Arabien auch mit Iran gute nachbarschaftliche Beziehungen anstrebe.

Steinmeier war von Iran aus nach Saudi-Arabien gekommen, um direkt mit den derzeit besonders verfeindeten Staaten zu sprechen. In Riad wie in Teheran warb er eindringlich dafür, in Syrien und in Jemen nicht länger nur auf militärische Lösungen zu setzen. Für Saudi-Arabien ist der Krieg in Jemen besonders problematisch, weil Riad ihn als direkte Bedrohung für die Sicherheit an der eigenen Südgrenze empfindet. Deshalb führt das Königreich dort seit Monaten Krieg gegen die schiitischen Huthi-Rebellen, die den sunnitischen Präsidenten Abed Rabbo Mansur-Hadi aus dem Land vertrieben haben.

Weil Iran die Rebellen bis heute unterstützt, sind die Spannungen zwischen Riad und Teheran immer stärker geworden. Immerhin wurde am Montag bekannt, dass Huthi-Rebellen und Präsident Hadi offenbar der Wiederaufnahme von Gesprächen zugestimmt hätten. Laut Information des Internationalen Roten Kreuzes gibt es für Hilfsorganisationen derzeit zu 80 Prozent der Jemeniten keinen Zugang.

Humanitär ähnlich verheerend und politisch noch vertrackter ist die Lage in Syrien. Dort ist Iran an der Seite des Assad-Regimes engagiert; Saudi-Arabien unterstützt direkt und indirekt islamistische Oppositionsgruppen und Milizen. Dabei streiten Riad und Teheran auch über die Zukunft des syrischen Gewaltherrschers. Teheran lehnt jede Vorbedingung für den Beginn von Gesprächen ab, Riad fordert den sofortigen Sturz Assads. Außenminister Al-Jubair betonte, jede Vorstellung, Assad könne auch nach Bildung einer Über-gangsregierung eine Rolle spielen oder gar zu Wahlen antreten, sei zum Scheitern verurteilt. Assad sei ein Massenmörder, er dürfe keine Zukunft haben. Nur bei der Frage, wie schnell er bei Bildung einer Übergangsregierung abtreten müsse, gab sich Jubair flexibel. Ein Tag, eine Woche, ein Monat - das sei nicht entscheidend.

Steinmeier hofft, dass es trotz aller Probleme gelingen kann, die verschiedenen Konfliktparteien zu Gesprächen zu bewegen, um in ersten Schritten in Syrien wenigstens regionale Waffenruhen und humanitäre Korridore zu erreichen. Das kann nach allgemeiner Einschätzung nur gelingen, wenn auch Iran und Saudi-Arabien ihre Blockade aufbrechen.

Besonders ernüchternd ist, dass es während der Vollversammlung der Vereinten Nationen Ende September in New York beinahe zu einem ersten Zusammentreffen der Außenminister Dschawad Sarif und Adel bin Ahmed al-Jubair gekommen wäre. Hinter den Kulissen war die Begegnung schon vereinbart worden. Doch dann kam das große Unglück während der diesjährigen Pilgerfahrt in Mekka. Tausende Pilgern sind ums Leben gekommen, darunter auch viele Schiiten aus Iran. Seither ist das Schicksal Hunderter iranischer Pilger ungeklärt. Die saudischen Behörden bieten offenbar kaum Aufklärung. So scheint eine Entspannung im total vergifteten Verhältnis zwischen Teheran und Riad aktuell schier unmöglich zu sein.

Echte Erfolge konnte Steinmeier deshalb nicht mitnehmen. Das gilt auch für die Frage, ob die Saudis und andere Golfstaaten mehr Flüchtlinge aufnehmen. Riad verweist darauf, dass es bereits mit viel Geld die Flüchtlingslager in den Nachbarstaaten unterstütze. Das klang nicht nach neuer Aufnahmebereitschaft.

Das große Unglück während der Pilgerfahrt in Mekka verstärkt die Spannung

Mit Blick auf die Menschenrechtslage in Iran und in Saudi-Arabien sagte Steinmeier, er habe in beiden Ländern die Situation ,,selbstverständlich'' angesprochen und mit beiden Regimes auch über konkrete Fälle gesprochen, darunter der des saudischen Bloggers Badawi. Dass er das im Gespräch mit dem mächtigsten Saudi, dem König, offenbar vermied, ließ er lieber im Unklaren. Der Minister betonte nur, dass er die Gespräche vertraulich führe. Laut Amnesty international sind allein in diesem Jahr in Iran 700 und in Saudi-Arabien 170 Menschen hingerichtet worden. Auf die Frage, ob er deshalb eine solche Reise überhaupt machen sollte, betonte Steinmeier, wer den Syrienkonflikt lösen wolle, müsse ,,auch mit diesen Partnern'' sprechen. Wer das ablehne, dürfe nicht den Anspruch erheben, die Krise lösen zu wollen.

© SZ vom 20.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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