Migration:Partner gegen die Flucht

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Die EU befürchtet, dass bald wieder mehr Migranten kommen. Deshalb sollen nun mehr afrikanische Staaten Geld erhalten, wenn sie Flüchtlinge aufhalten.

Von Thomas Kirchner, Luxemburg

Nachdem sich die Lage in der Ägäis einigermaßen beruhigt hat, konzentriert sich die Sorge der EU-Staaten wegen der Flüchtlinge auf das zentrale Mittelmeer. Die Zahl der Migranten, die von Libyen und Ägypten aus nach Italien übersetzen, ist so hoch wie im vergangenen Jahr. In Luxemburg berieten die EU-Innenminister am Donnerstag über "Partnerschaftsabkommen" mit Mali, Äthiopien, Niger, Nigeria und Senegal. Die Abkommen sollen jeweils "maßgeschneidert" sein. Für alle aber gilt der Grundsatz: Wer kooperiert, also dazu beiträgt, dass möglichst wenige Migranten sein Land verlassen oder durchqueren, erhält Geld und andere Vergünstigungen von der EU. Die Kooperation soll auf Jordanien, Ägypten, Libyen, Algerien und andere nordafrikanische Staaten ausgedehnt werden.

Innenminister Thomas de Maizière forderte, von EU-Schiffen im Mittelmeer gerettete Flüchtlinge künftig in "sichere Unterbringungsmöglichkeiten" in Nordafrika zu bringen. In den Lagern solle ihr Schutzbedarf geprüft werden, um sie dann "mit großzügigen Kontingenten" in die EU umzusiedeln, "fair aufgeteilt auf die europäischen Staaten". Alle anderen müssten zurück in ihre Heimat, sagte de Maizière. Völlig offen bleibt, wie das gemeinsame europäische Asylsystem der EU künftig aussehen wird. Die EU-Kommission hatte dazu im Mai Reform-Vorschläge unter anderem zum Dublin-Verfahren präsentiert, die im Kern auf eine faire Lastenteilung gemäß einer Art Quote abzielen. Wer sich verweigert, muss eine Strafe von bis zu 250 000 Euro pro Flüchtling zahlen. Dagegen sperren sich vor allem osteuropäische Staaten. Sie brachten das Modell einer "flexiblen Solidarität" auf: Kein Staat soll zur Aufnahme einer fixen Zahl von Flüchtlingen verpflichtet werden. Der österreichische Innenminister Wolfgang Sobotka äußerte Sympathie für diese Sicht. Man müsse fragen, wie es um die Wirtschaftskraft und -struktur eines Landes stehe. Es sei schlecht, dass einige EU-Staaten (sprich: Deutschland) "glauben, sie hätten die positive Kraft für sich gepachtet und dann mit dem Finger auf andere zeigen". Deutschland und andere Länder machten in Luxemburg deutlich, dass sie die Grenzkontrollen im eigentlich grenzfreien Schengen-Raum um ein weiteres halbes Jahr verlängern wollen. Die Sondergenehmigung durch die Kommission läuft am 12. November aus.

© SZ vom 14.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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