Menschenhandel mit Kinderarbeitern:Wenn Kinder Sklaven werden

Lesezeit: 2 min

Menschenhändler machen 30 Milliarden Euro Umsatz pro Jahr - nur im Drogen- und Waffengeschäft verdient das organisierte Verbrechen mehr. Oft verkaufen Eltern ihre Kinder aus blanker Not, doch die Opfer enden in Sklaverei.

Michael Frank

Es geht um eine moderne Form der Sklaverei: Menschenhandel ist laut den Vereinten Nationen mit geschätzt 30Milliarden Euro jährlich an die dritte Stelle unter den umsatzstärksten Geschäftszweigen des internationalen Verbrechens aufgerückt. Nur im Drogen- und Waffenhandel wird mehr Geld gemacht.

Victor Garcia, ein drei Jahre alter Peruaner, arbeitet in einer Ziegelei in einem Slum bei Lima. (Foto: Foto: Reuters)

Kinder, junge Frauen und Männer werden gezwungen, Teppiche zu knüpfen, Plastikspielzeug oder Elektronikteile zusammenzusetzen, in staubiger Wüste Ziegel zu schleppen oder als Kindersoldaten andere Menschen zu erschießen. Junge Frauen werden in die Prostitution verschleppt, Kleinkinder regelrecht als Ware verkauft - im günstigsten Fall an kinderlose Paare, im scheußlichsten Fall als "Ersatzteillager" für Organe. Auch immer mehr junge Erwachsene sind davon betroffen.

All diese Schicksale sind oft Folge des Menschenhandels, und sie lassen sich oft ein Leben lang nicht mehr korrigieren. Auszubrechen gelingt den meisten Betroffenen nicht, und wenn sie in ein normaleres Leben zurückkehren können, bleiben viele unheilbar traumatisiert.

In Wien ist am Mittwoch ein dreitägiges Forum der Vereinten Nationen gegen Menschenhandel eröffnet worden. 2,7Millionen Menschen sind nach Schätzungen der UN Opfer von Schleppern und Menschenhändlern, 80 Prozent davon junge Frauen und Kinder. 137 Länder seien als Empfänger in diesen schaurigen Handel verstrickt, in 127 Ländern würden Menschen mit List oder Gewalt in die Fänge der Händler- und Schlepperorganisationen gelockt, berichten die UN.

Oft verkauften Eltern ihre Kinder auch aus bitterster Not - in der Hoffnung, ihnen so eine besser Zukunft zu eröffnen. Ausschlaggebend für das Schicksal der Opfer ist vor allem die Weltregion, in die sie gelangen: In Asien werden sie meist zu Arbeitssklaven gemacht, in Europa und den USA als Sexsklaven missbraucht. In arabischen Ländern werden sie für niedrige Dienste gekauft, oft verbunden mit sexuellem Missbrauch.

Kristiina Kangaspunta, die Leiterin des UN-Büros für die Bekämpfung des Menschenhandels, erläutert das zynische Kalkül der Verbrecher so: "Der Aufwand für Menschenhandel ist im Vergleich zum Drogengeschäft oder zur Waffenschieberei relativ gering." Menschen könnten "immer wieder verwendet und missbraucht werden".

Die einzige Investition der Täter hingegen - Reisekosten, gefälschte Dokumente und Bestechungsgelder für Beamte - fielen einmalig an und seien vergleichsweise niedrig. In zu vielen Ländern würden Polizei und Beamte kassieren und wegschauen, statt einzuschreiten. Hauptursachen des beängstigend anwachsenden Geschäfts mit Menschen seien Armut, Mangel an Bildung, Diskriminierung, Kriege und Hoffnungslosigkeit. Österreichs Außenministerin Ursula Plassnik und Suzanne Mubarak, die Frau des ägyptischen Präsidenten, waren sich bei der Eröffnung der Konferenz in dieser Analyse einig.

Nichtregierungsorganisationen, die an der Konferenz teilnehmen, kritisieren, dass mangelnde Rechte der Opfer den Erfolg von Gegenmaßnahmen verhinderten. In fremde Länder verschleppt, fänden sich Betroffene nach ihrer Befreiung oft in der Illegalität wieder. Statt auf Hilfe bauen zu können, müssten sie damit rechnen, abgeschoben oder inhaftiert zu werden.

Die Opfer, so die Forderung, müssten einen eigenen Rechtsstatus erhalten. Meist ende die Fürsorge für sie, nachdem sie als Zeugen ausgesagt hätten. Die frühere österreichische Frauenministerin und OSZE-Sonderbeauftragte für Menschenrechte, Helga Konrad, hob hervor, die traditionellen Kontroll- und Abschreckungsmaßnahmen hätten versagt. Außerdem habe sich die Politik nicht bewährt, die Opfer sofort abzuschieben.

© SZ vom 14.02.2008/jkr - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: