Meine Presseschau:Wenn der Monsterregen zurückschlägt

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(Foto: N/A)

Das Hochwasser in Houston bestimmt die Nachrichten in den USA.

Von Sacha Batthyany, Washington

Hochwasser in Texas - das Thema bewegte die amerikanische Öffentlichkeit in dieser Woche wie kein anderes. Die Fernsehsender zeigten die Wassermassen in der Endlosschleife und fanden, je länger die Flutkatastrophe dauerte, immer absurdere Schlagzeilen: "Der Monster-Regen schlägt zurück", hieß es etwa auf ABC.

Die Politik trat während dieser Tage aber nur scheinbar in den Hintergrund. Bei Katastrophen wie in Texas zeigt sich das US-Fernsehen zwar in der Regel von seiner patriotischen Seite und betont das Gemeinsame. Der Retter, der die Menschen von den Dächern holt, wird links wie rechts als amerikanischer Held gefeiert. Dennoch gab es diesmal entlang der politischen Gesinnung auch Unterschiede. Donald Trumps Reise nach Texas wurde mal als "mitfühlend", mal als "kalt" bewertet. Und dann war da noch die Sache mit den Schuhen der First Lady.

Die Webseite " Daily Beast " empörte sich über die "himmelhohen Stilettos", für die sich die First Lady entschied. Melania Trump kleide sich, als besuche sie eine Modeschau. Die New York Times fragte etwas philosophischer: "Wann ist ein Schuh nicht mehr bloß ein Schuh?", während der rechtskonservative Sender Fox News die Aufregung um Frau Trumps Schuhe als "sexistisch" empfand. Weil den Trump-Hassern kein Argument mehr einfalle, sagte Fox-Moderator Tucker Carlson, "ziehen sie über die Kleidung her. Wie erbärmlich!"

Fox News war dann auch der einzige große Sender, der Trumps Reise nach Texas als "präsidial" bewertete. Ähnlich sah es noch " Breitbart", die konservative Webseite, zu der Stephen Bannon wieder zurückgekehrt ist, nachdem er acht Monate im Weißen Haus als Berater gedient hatte. "Der Präsident zeigte Empathie mit den Opfern", hieß es. Seltsam ist nur, dass Trump während seiner Reise mit Opfern der Flut gar nicht in Kontakt trat.

Dass die Flut "rein gar nichts" mit dem Klimawandel zu tun habe, thematisierte Breitbart in mehreren Texten. "Vertreter der grünen Religion", wie der ehemalige Vizepräsident Al Gore, politisierten die Hochwasser und behaupteten, der Regen sei eine Folge des Treibhauseffekts. Breitbart warnte vor " fake science", also Wissenschaftlern, die Lügen verbreiten. "Es gab schon Überschwemmungen, da war der Ökofundamentalist Gore noch nicht auf der Welt."

Ganz anders sah es das liberale Monatsmagazin The Atlantic. Auf deren Webseite war von Donald Trumps "Empathie-Defizit" die Rede. Der Präsidenten sei doch tatsächlich nach Texas gereist, ohne sich mit Betroffenen zu unterhalten. In einem langen Beitrag wurde von künftigen Hochwässern gewarnt, denn der Treibhauseffekt werde mehr Wasser in die Atmosphäre stoßen, mit schwerwiegenden Folgen. Was in Houston passiert sei, so Atlantic, könne bald auch in New York passieren.

Von diesen Gedanken war man im Houston Chronicle, der größten Tageszeitung der südtexanischen Metropole, weit entfernt. Da ging es um Leben und Tod. Die Leser wurden mit Informationen über Notunterkünfte und die Wetteraussichten beliefert. "Was ist zu tun, wenn die Stromkabel ins Wasser hängen", hieß es, oder: "Was tun bei Dehydrierung?" Viele Texte thematisierten auch die "unzähligen Gerüchte", die auf Twitter herumschwirren. Es sei "kein Hai auf der Autobahn gesichtet worden", hieß es, und die Anhänger der Bürgerrechtsorganisation "Black Lifes Matter" würden die Polizei auch nicht an ihren Einsätzen hindern. "Solche Falschmeldungen verursachen nur Panik." Zu Melanias Schuhen schrieb der Chronicle trocken: "Für manche mag das wichtig sein. Wir haben andere Probleme."

© SZ vom 02.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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