Meine Presseschau:Von wegen "bella figura"

(Foto: N/A)

Fast alle italienischen Zeitungen sehen die verworrene Regierungsbildung kritisch. Die Idee von "Italy first" riskiere zum "Italy out" zu werden.

Von Andrea Bachstein

Die verworrene Regierungsbildung aus dem Populistenbündnis von Lega und Cinque Stelle hält Italien und Europa in Atem. Ihr widmet der C orriere della Sera am Freitag nicht weniger als die ersten elf Seiten. Fast alle Blätter sehen das Regierungsprogramm kritisch und teilen die EU-Sorgen ob teurer Wahlversprechen. Der Corriere stellt fest, in Italien würden viele Politiker wie Wähler den Rest der Welt vergessen. Es gebe einen "Provinzialismus der Basis, besonders verschärft in einer italienischen Kultur, die immer schon zur Propaganda neigt (...): Der Feind ist die Sparpolitik - vergessen sie, dass wir eine Rekordstaatsverschuldung haben?" Die Idee von "Italy first" riskiere zum "Italy out" zu werden, zur wirtschaftlichen Isolierung. Die sonst nüchterne La Stampa formulierte die Sorge fast poetisch: "Normalerweise beginnt man, das Licht am Ende des Tunnels in der Ferne zu sehen, ehe es sich weiter nähert und größer wird. In dieser politischen Krise ist es aber nicht so: (...) Nach dem langen Tunnel tut das Licht (...), in den Augen weh. Denn man erwartet nach der Dunkelheit blauen Himmel. Stattdessen hängen am Himmel lauter schwarze Wolken, und wir können nichts tun, als ganz schnell einen Regenschirm zu suchen." Zum leicht frisierten Lebenslauf von Premier-Kandidat Giuseppe Conte fordert La Repubblica: "Streicht, streicht, streicht" aus euren Lebensläufen "alles, was gegen euch benutzt werden könnte". Hintergrund sei vielleicht die landestypische Schwäche, gern bella figura zu machen, aber nichts gelernt zu haben aus früheren Fällen, sei wohl auch italienische Eigenheit.

© SZ vom 26.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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