Meine Presseschau:Lob und Tadel für Donald Trump

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Jürgen Schmieder berichtet für die SZ zum fünften Mal seit 2014 von den US Open. (Foto: Bernd Schifferdecker)

Was bringen die Steuerreformen in den USA? Amerikanische Zeitungen, aber auch ihre Leser sind sich darüber uneinig.

Ausgewählt von Jürgen Schmieder

Es gibt kaum etwas, das sich der Vollblut-New-Yorker Donald Trump derart wünscht wie nette Worte der New York Times, die seine Präsidentschaft kritisch begleitet und bisweilen für grotesk erklärt. Am Donnerstag nun räumte die Zeitung eine Meinungsseite frei für Loblieder von Lesern auf Trump. Gebildete Leute erklären dort das erste Jahr des Präsidenten zum Erfolg.

"Trump hat uns auf einen spirituellen Exodus geführt", schreibt ein Uni-Dozent. Ein anderer sagt über den Präsidenten: "Ein grober, unhöflicher, ahnungsloser Typ - und doch stolpert er mit der Hilfe seiner Freunde durch eine der effizientesten Präsidentschaften, an die ich mich erinnern kann." Und es steht dort: "Trump war erfolgreich, wo Obama versagt hat. Der Wirtschaft geht es gut, ausländische Tyrannen haben Angst, (...) die Steuerreform ist durch."

Die Briefe erscheinen an dem Tag, an dem sich der Präsident dafür feiert, dass Apple 38 Milliarden Dollar Steuern nachzahlen, 350 Milliarden Dollar in den USA investieren und 20 000 Jobs schaffen möchte - und dass andere Konzerne wie Microsoft, Alphabet und Coca-Cola nachziehen könnten. Natürlich täten sie dies wegen der Steuerreform, behauptet Trump: "Riesiger Sieg für die amerikanischen Arbeitnehmer und die USA!"

Wie so häufig bei Trump gibt es zwei gegensätzliche Lesarten. Die rechtspopulistische Nachrichtenseite Breitbart lobt den Präsidenten, er löse seine Wahlversprechen ein: "Bislang haben 164 Unternehmen wegen der Steuerreform enorme Boni und Gehaltserhöhungen angekündigt. Selbst das linksorientierte Apple gibt zu, dass die Steuererleichterungen (...) einer der Gründe sind, in den USA zu investieren." In der Washington Times ist zu lesen: "Ein Jahr nach der Amtseinführung Trumps hebt die Wirtschaft ab."

Die linksliberale Nachrichtenseite Slate dagegen analysiert: "Apple hat niemals behauptet, dass es zusätzliches Geld wegen der Steuerreform investiert. Das Unternehmen sagt wortwörtlich, dass es so weitermachen will wie bisher." Die Investition habe nichts mit der Reform zu tun. Das Wirtschaftsmagazin Fortune kritisiert den geheuchelten Patriotismus von Apple-Chef Tim Cook: "Bei allem Respekt, Tim: Nein. Es ist eine gierige Aktion für die Anteilseigner, die bereits ordentlich entlohnt worden sind."

Auch die New York Times kritisiert Tech-Firmen wie Microsoft, Alphabet, Cisco, die sich lange vor Steuerschulden gedrückt hätten: "Diese multinationalen Riesen haben insgesamt ungefähr drei Billionen Dollar aus den hiesigen Büchern entfernt, um die Unternehmenssteuer zu umgehen." Das Blatt bedient sich eines beinahe Trumpschen Kniffes: Es sorgt mit Pro-Trump-Briefen für Aufmerksamkeit, lässt den Präsidenten jedoch auf der nächsten Seite in zwei Kommentaren schelten. Und am Freitag veröffentlichte die Zeitung dann Leserbriefe von desillusionierten Trump-Wählern.

© SZ vom 20.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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