Meine Presseschau:Gewalt in Gaza

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(Foto: N/A)

Was kommt nach den blutigen Protesten mit 60 Toten - ein neuer Krieg, eine Befriedung des Konflikts zum Wohl des palästinensischen Volkes?

Von Dunja Ramadan

Nach den blutigen Protesten in Gaza mit 60 getöteten Palästinensern fragen sowohl israelische als auch arabische Medien nach den Folgen der jüngsten Eskalation. Einige hoffen auf eine Vermittlung Ägyptens, andere wiederum erwarten eine Zuspitzung des Konflikts. Der Journalist Ron Ben-Yishai schreibt auf einem Portal der hebräischen Tageszeitung Jedi'ot Acharonot, dass die Hamas in Zugzwang gerät. Zwar glaubt er, dass weder Israel noch die Hamas einen neuen Gazakrieg entfachen wollen. Die hohe Zahl der Opfer könne die Hamas aber zur Reaktion zwingen. Die Frage sei, ob die Hamas oder andere palästinensische Gruppen Raketen auf Israel abschießen oder nicht - das würde zu einer weiteren Eskalation führen. Andere israelische Medien vermuten die Vermittlung Ägyptens hinter der eingekehrten Ruhe im Gazastreifen.

Die linke Tageszeitung Haaretz wirft die Frage auf, ob das Vorgehen der eigenen Armee legal war. Es geht darum, ob im Falle eines Bürgerprotests humanitäres Völkerrecht oder wegen der Beteiligung der Hamas das Kriegsrecht gilt. Sie titelt: "Kriegsverbrechen oder Selbstverteidigung?"

Auch der zunehmende Konflikt mit der Türkei beschäftigt die israelische Presse. Diplomaten beider Länder wurden im Zuge der Proteste zur Ausreise aufgefordert. In der kostenlosen Tageszeitung Israel Hayom schreibt Oded Granot, dass sich die türkisch-israelischen Beziehungen kaum verbessern werden, solange Erdoğan an der Macht sei. Er wirft dem türkischen Präsidenten Kalkül vor: So verwende er das Leid der Palästinenser als Werkzeug, um sich als Führer der sunnitischen Muslime aufzuspielen. Granot vergleicht Erdoğans Streben mit dem des schiitischen Ayatollah-Regimes in Teheran. Das sei auch der Grund, warum die Türkei einen Gipfel der Organisation für Islamische Zusammenarbeit (OIC) in Istanbul einberufen habe. Die Türkei hat derzeit den OIC-Vorsitz inne.

Gänzlich andere Töne finden sich in der jordanischen Zeitung Al-Rai. Der Journalist Mohamed Kharoub wirft arabischen Staaten vor, gemeinsame Sache mit Israel zu machen, anstatt sich auf die Seite der Palästinenser zu schlagen. Auf deren "neuer Agenda" stünden nicht nur geheimdienstliche, logistische, militärische und politische Zusammenarbeit mit Israel, sondern auch deren zunehmend pragmatischer Umgang mit dem Nahostkonflikt. Das liege vor allem daran, dass nun Iran als "garantierter Feind" gelte.

Die palästinensische Zeitung Al -Hadath, ansässig in Ramallah, rechnet mit den Machtkämpfen zwischen Hamas und Fatah ab. Junge Palästinenser seien unbestreitbar Opfer einer Politik, in der sie endlos hin- und hergerissen werden, schreibt Ahmed Balousha. Dies werde nicht aufhören, bis beide Parteien Kompromisse zum Wohl des palästinensischen Volkes eingingen. Und die Zeit dränge: Was müsse noch passieren, um die "humanitäre Katastrophe", in der sich die Bewohner in Gaza befänden, zu beenden, fragt er.

© SZ vom 19.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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