Manipulierte Abgaswerte:Winterkorn tritt zurück

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Obwohl er sich "keines Fehlverhaltens bewusst" sei, gibt der VW-Chef seinen Posten auf. Für die Nachfolge werden drei Kandidaten gehandelt.

Von CASpar Busse und thomas Fromm, München

Martin Winterkorn ist als Konzernchef von Volkswagen zurückgetreten. Der 68-jährige Manager zog damit die Konsequenzen aus dem Skandal um manipulierte Abgaswerte in den USA. Das Präsidium des VW-Aufsichtsrats hatte den ganzen Mittwoch getagt, danach verkündete Winterkorn seinen Rücktritt. Ein Nachfolger soll erst am Freitag bestimmt werden. Chancen werden dem bisherigen Porsche-Chef Matthias Müller, Markenvorstand Herbert Diess und Audi-Chef Rupert Stadler eingeräumt. Finanzchef Hans Dieter Pötsch soll dem Vernehmen nach wie geplant Aufsichtsratsvorsitzender werden. Am Freitag würden auch weitere Personalien bekannt gegeben, hieß es.

"Ich bin bestürzt über das, was in den vergangenen Tagen geschehen ist", teilte Winterkorn am Mittwoch mit. "Vor allem bin ich fassungslos, dass Verfehlungen dieser Tragweite im Volkswagen-Konzern möglich waren." Er übernehme die Verantwortung: "Ich tue dies im Interesse des Unternehmens, obwohl ich mir keines Fehlverhaltens bewusst bin." VW brauche einen Neuanfang - auch personell. "Mit meinem Rücktritt mache ich den Weg dafür frei", sagte Winterkorn, der seit 2007 im Amt und der bestverdienende Manager in Deutschland ist.

Die Kritik an Winterkorn war zuletzt immer deutlicher geworden. Der Autokonzern hatte in elf Millionen Diesel-Fahrzeugen eine Software eingebaut, mit der die Abgaswerte bei Umwelttests manipuliert werden können. VW musste bereits 6,5 Milliarden Euro für die finanziellen Folgen zurücklegen, ob das reicht, ist offen. Aufsichtsratschef Berthold Huber teilte mit, es müsse "ein glaubwürdiger Neuanfang" gemacht werden. Winterkorn habe aber keine Kenntnis von den Machenschaften gehabt. Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) - das Land hält 20 Prozent an VW - würdigte die Verdienste Winterkorns. Er habe dessen Entscheidung mit größter Betroffenheit zur Kenntnis genommen. Weil kündigte gegen die Verantwortlichen strafrechtliche Schritte an: "Wir werden durch das Unternehmen auch Strafanzeige erstatten." Ein Sonderausschuss werde die Aufklärung vorantreiben und sich dabei auf externe Berater stützen.

Nach den Ermittlungen durch die amerikanische Umweltbehörde und das US-Justizministerium muss der Konzern mit weiteren Verfahren rechnen. Die Staatsanwaltschaft Braunschweig hat aus eigener Initiative Vorermittlungen aufgenommen, zudem hätten mehrere Bürger Strafanzeige gestellt. Eine von Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) eingesetzte Kommission hat zudem in Wolfsburg mit ihrer Prüfung begonnen, ob die elf Millionen Dieselautos des VW-Konzerns den deutschen und europäischen Regeln entsprechen. In den USA und Kanada wurden nach Recherchen von NDR und Süddeutscher Zeitung fast 40 Sammelklagen eingereicht. Die Vorwürfe: Unterschlagung, falsche Werbung und die Verletzung von Gesetzen.

© SZ vom 24.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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