Madrid:Strafbarkeit von Holocaust-Leugnung aufgehoben

Lesezeit: 1 min

Das Madrider Verfassungsgericht hat entschieden: Die Leugnung des Holocausts ist in Spanien von der Meinungsfreiheit gedeckt. Doch wer den millionenfachen Massenmord der Nazis rechtfertigt, wird weiterhin mit Gefängnis bestraft.

Das Verfassungsgericht entschied nach Presseberichten vom Freitag, dass ein entsprechender Paragraf des Strafgesetzbuches geändert werden muss. Wer den millionenfachen Mord an Juden in der Nazi-Zeit leugnete, musste bislang in Spanien mit bis zu zwei Jahren Haft rechnen.

Ein abgemagerter Häftling wird geborgen nach der Befreiung des KZ Auschwitz im Januar 1945 (Foto: Foto: AP)

Nach einer Klage des früheren Anführers einer spanischen Neonazi-Gruppierung entschied das Gericht nun, dass solche Behauptungen unter die Meinungsfreiheit fallen müssten und eine Bestrafung somit verfassungswidrig wäre. Die ausführliche Begründung des Urteils wird in einigen Tagen erwartet.

Die Rechtfertigung des Holocausts und jeglichen Völkermordes soll jedoch weiter mit bis zu zwei Jahren Gefängnis geahndet werden. Die Entscheidung stieß bei Bürgerinitiativen auf scharfe Kritik. "Den Opfern der Naziherrschaft wird ein nicht wiedergutzumachender Schaden zugefügt", sagte der Vorsitzende der "Bewegung gegen die Intoleranz", Esteban Ibarra. Er sprach von einem völlig rückschrittlichen Urteil.

Erfolgreiche Klage eines Buchhändlers

Spanien könne zu einem Zufluchtsort für die straffreie Verbreitung von Nazipropaganda werden.

Er kritisierte zudem, dass die Bekanntgabe der Entscheidung ausgerechnet mit dem Jahrestag der Pogromnacht zusammenfiel. Die Initiative "SOS Rassismus" nannte das Urteil "schwerwiegend und besorgniserregend".

Die Klage war von dem früheren Neonazi-Anführer Pedro Varela eingereicht worden. Er betreibt in Barcelona einen Buchladen, der rechtsradikale Publikationen und antisemitische Literatur vertreibt.

1998 war er wegen Verherrlichung des Völkermordes sowie Anstiftung zum Rassismus zu fünf Jahren Haft verurteilt worden.

In Deutschland ist der millionenfache Mord an Juden in Konzentrationslagern nach geltender Rechtslage eine historische Tatsache. Wer diese leugnet, verharmlost oder billigt, kann nach Paragraf 130 ("Volksverhetzung") des Strafgesetzbuches zu bis zu fünf Jahren Haft oder Geldstrafe verurteilt werden.

Wer die Herrschaft der Nationalsozialisten billigt, verherrlicht oder rechtfertigt, muss mit einer Strafe von bis zu drei Jahren rechnen.

Zur SZ-Startseite

Holocaust
:Täter und Opfer des KZ Auschwitz

Täter und Opfer des KZ Auschwitz

Jetzt entdecken

Gutscheine: