Ludwig-Holger Pfahls:Der Fall eines Prinzen

Lesezeit: 2 min

Wohl kein anderer deutscher Spitzenbeamter ist so tief gefallen wie Ludwig-Holger Pfahls. Einst galt er als bayerisches ¸¸Wunderkind", das allerhöchste Protektion genoss. Pfahls verdankt seine steile Karriere im Münchner und Bonner Beamtenapparat vor allem einem großen Mentor: dem ehemaligen CSU-Vorsitzenden und bayerischen Ministerpräsidenten Franz Josef Strauß.

Von Peter Fahrenholz

Eigentlich hatte der 1942 in Luckenwalde bei Berlin geborene Pfahls schon die Juristenlaufbahn eingeschlagen. Er war, bis 1973, Richter am Bayerischen Obersten Landesgericht und später Staatsanwalt für Wirtschaftssachen.

Ludwig-Holger Pfahls in jüngeren Jahren (Foto: Foto: dpa)

Aber offenbar war ihm der Justizdienst zu langweilig, und Pfahls wechselte 1975 in das damals neu geschaffene Bayerische Umweltministerium; er wurde persönlicher Referent des Amtschefs. Damit begann eine atemberaubende Beamtenkarriere. Pfahls fiel rasch auf und wurde zu einem der so genannten ¸¸Prinzenlehrgänge" für besonders begabte junge Beamte abgestellt.

Danach wechselte er in die Staatskanzlei, wo Strauß, der 1978 Ministerpräsident in Bayern geworden war, auf ihn aufmerksam wurde. Pfahls wurde zunächst persönlicher Referent, 1981 dann Büroleiter von Strauß und übernahm bereits ein Jahr später die Grundsatzabteilung der Staatskanzlei - schneller geht es kaum.

Im Satellitensystem von Strauß war Pfahls eine der wichtigsten Figuren. Er begleitete den Ministerpräsidenten auf zahlreichen Reisen. 1984 zum Beispiel trafen die beiden den DDR-Devisenbeschaffer Alexander Schlack-Golodkowski. Der meldete daraufhin Stasi-Chef Erich Mielke, Pfahls werde wohl neuer Chef des Bundesamtes für Verfassungsschutz.

Tatsächlich übernahm Pfahls diesen Posten ein Jahr später, im Hintergrund hatte wieder Strauß die Fäden gezogen. Der CSU-Chef hievte seinen Schützling aber noch eine Stufe höher, Pfahls avancierte 1987 zum beamteten Staatssekretär im Verteidigungsministerium, wo er insbesondere die Kontakte zur Rüstungsindustrie in Bayern pflegen und dieser, wenn möglich, Aufträge beschaffen sollte.

Auch der Tod seines Mentors Strauß im Oktober 1988 konnte Pfahls" Karriere zunächst nichts anhaben. Im Gegenteil, unter Verteidigungsminister Rupert Scholz rückte Pfahls Anfang 1989 gar zum ¸¸Staatssekretär 1" auf und war seither auch offiziell für den wichtigen Bereich Rüstung zuständig.

Der erste Knick in der Musterkarriere kam 1992. Pfahls schied im Februar 1992 aus dem Staatsdienst aus, angeblich auf eigenen Wunsch. In Wirklichkeit stand sein Abgang aber wohl in Zusammenhang mit einer Affäre um geheime Waffenlieferungen aus Beständen der ehemaligen DDR-Volksarmee an Israel. Pfahls fiel auf jeden Fall weich.

Nach einem Zwischenspiel als Anwalt wurde er Spitzenmanager von DaimlerChrysler - erst in Brüssel und dann in Singapur. 1999, im Jahr seiner Flucht, hätte er dort satte 650 000 Mark plus 227 000 Aufwandsentschädigung verdienen sollen. Doch daraus wurde nichts mehr. Pfahls verschwand, nachdem die Vorwürfe gegen ihn in der Panzeraffäre bekannt geworden waren, von der Bildfläche und galt seither als einer der meistgesuchten Deutschen.

Die Umstände seines Verschwindens waren von Anfang an ominös. Der anfangs ermittelnde Augsburger Staatsanwalt Winfried Maier beschuldigte später seine Vorgesetzten, einen Haftbefehl gegen Pfahls verschleppt zu haben. Auch die Rolle des schillernden Geschäftsmannes und Pfahls-Freundes Dieter Holzer bei der Flucht von Pfahls ist bis heute unklar.

Holzer begleitete Pfahls auf dem ersten Abschnitt seiner Flucht von Taipeh nach Hongkong im Juli 1999, Holzer-Sohn Nikolaus, der als Assistent von Pfahls bei Daimler in Singapur gearbeitet hatte, stand bis zuletzt in engstem Kontakt zu Pfahls. Holzer junior besuchte Pfahls kurz vor seiner Flucht noch im Krankenhaus in Taipeh, wo dieser sich wegen angeblichen ¸¸Schwindelgefühlen und Taubheit der rechten Gliedmaßen" behandeln ließ. Um nicht erkannt zu werden, hatte sich Nikolaus Holzer sogar einmal einen Arztkittel angezogen und Mundschutz angelegt, als er Pfahls besuchte.

Das einstige Wunderkind von Strauß gilt auch in der bis heute ungeklärten Affäre um die Privatisierung der ostdeutschen Leuna-Raffinerie als Schlüsselfigur. Es gibt Anhaltspunkte dafür, dass Pfahls über Holzer rund drei Millionen Euro Schmiergeld erhalten haben könnte. Holzer bestreitet, dass Pfahls bei dem Leuna-Deal eine Rolle gespielt habe.

© Süddeutsche Zeitung vom 14. Juli 2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: