Lobbyisten:Zahlen, bitte!

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In seiner Kartei hatte Kontakthändler Moritz Hunzinger etwa 60.000 Personen - die Wichtigen eben. Sein Verhältnis zu Politikern von Joschka Fischer bis zu Guido Westerwelle liefert tiefe Einblicke in das Leben der PR-Branche, die Kontakt-Management mit Lobbyismus verknüpft.

In seiner Kartei hatte der frühere Kontakthändler Moritz Hunzinger etwa 60000 Personen, die Wichtigen eben. Wirtschaftsführer, Politiker, ausländische Staatsleute und auch Journalisten.

Der PR-Berater Moritz Hunzinger. (Foto: Foto: AP)

"Nur Klasse zählt", sagte der PR-Berater und ehemalige Chef der Hunzinger Information AG gern und oft. Er war freundlich zu Politikern, damit die wiederum freundlich waren zu den Unternehmern, die er betreute. Eine Hand wäscht die andere. "Als normales System des Gebens und Nehmens", beschrieb Hunzinger seine Arbeit.

Hunzingers Reich gibt es nicht mehr. Der Unternehmer hat seine Aktien - bis auf eine - an der Börse verkauft und vorwiegend prozessiert er nun für eine angemessene Abfindung als ehemaliger Vorstandsvorsitzender. Der Ruheständler macht trotzdem wieder politische Schlagzeilen.

Geben und Nehmen

Aus offenkundig unterschiedlichen Quellen dringen derzeit Nachrichten über frühere Zahlungen von Hunzinger an die Politikgewaltigen dieser Republik und auch an deren jeweilige Helfer. Nach eigenen Angaben hat der Beziehungsmakler, der seit 1979 im Public-relations-Geschäft war und 1998 als erster Mediendienstleister der Republik selbst an die Börse gegangen war, im Lauf der Jahre "etwa sechshundert Empfänger" auf Seiten des Staates alimentiert. Geben und Nehmen eben.

Dass die grüne Verbraucherministerin Renate Künast im Jahr 2002 ein Flugzeug der Bundesluftwaffe nutzte, um bei Hunzinger einen Vortrag zu halten, und dieser die Berliner Grünen als Gegenleistung mit 7500 Euro bediente, war in der Süddeutschen Zeitung zu lesen.

Bild machte danach aus einem schon bekannten "Honorar" von Hunzinger im Jahr 1998 für den damaligen Grünen-Fraktionschef Joschka Fischer ein neues Thema und Focus berichtet nun, dass der FDP-Vorsitzende Guido Westerwelle durch Honorare von Hunzinger "in Bedrängnis" gerate.

Zeitweiliger Absturz

Das Verhältnis Hunzingers zur Politik liefert jedenfalls tiefe Einblicke in das Leben der PR-Branche, die Kontakt-Management mit Lobbyismus verknüpfte. Hunzinger hat die Politiker für alles bezahlt: Honoriert wurden sie für Vorträge im Politischen Salon und selbst für die Teilnahme an Mittagessen.

Kunden von Hunzinger aus der Industrie wollten in den neunziger Jahren etwa mit Westerwelle, der damals Generalsekretär der Liberalen war, zu Mittag speisen und mussten dafür einen Obolus leisten.

Sie zahlten in der Regel an Hunzinger und der überwies im Gegenzug Spenden an die FDP oder zahlte Geld an den Rechtsanwalt Westerwelle, der 1994 an der Fernuniversität Hagen promoviert hat und sich Doktor der Jurisprudenz nennen darf. Die feine Republik speiste gegen Honorar. Hunzinger zufolge hat sich Westerwelle "mehr als zwanzigmal" im Auftrag von Hunzingers PR-Firma mit Kunden getroffen.

Der zeitweilige Absturz mancher Politiker wie Cem Özdemir (Grüne) oder Rudolf Scharping (SPD) ist mit dem Namen Hunzinger verbunden, aber der Ruf Westerwelles wird wohl nicht durch Honorare oder Zahlen ramponiert werden, weil sein Verhalten rechtlich nicht zu beanstanden ist: Er bekleidete ja kein Regierungsamt.

"An der öffentlichen Erörterung meiner früheren Tätigkeit habe ich kein Interesse mehr, da ich meinen Unruhestand genießen möchte", behauptet der 46-jährige Hunzinger. Schade eigentlich. Er könnte so viel erzählen.

© SZ vom 13.04.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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