Lob aus Brüssel:EU macht Mazedonien zum Beitrittskandidaten

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Einen konkreten Termin für Verhandlungen gibt es nicht, die Mazedonier feiern trotzdem: Die friedliche Entwicklung seit dem Balkankrieg und tiefgreifende Reformen haben Mazedonien reif für die EU gemacht.

Bernhard Küppers

Mit Erleichterung haben die mazedonische Regierung und Bevölkerung am Wochenende zur Kenntnis genommen, dass dem Land nach Tagen der Ungewissheit der Status eines Beitrittskandidaten der EU zuerkannt worden ist.

Ein Händedruck auf dem Weg zur EU: Der EU-Kommisar für Erweiterung Oli Rehn (r.) und Mazedoniens Präsident Branko Crvenkovski. (Foto: Foto: AFP)

Die Staats- und Regierungschefs der EU legten sich bei dem Beschluss, wie erwartet, noch nicht auf einen Termin für den Beginn von Beitrittsverhandlungen fest. Wegen der Vorbehalte Frankreichs soll überdies vor einer weiteren Annäherung eine generelle Debatte über die künftige Erweiterungspolitik stehen.

Die mazedonische Regierung feierte die Zuerkennung des Kandidatenstatus dennoch als "historisch". Präsident Branko Crvenkovski sagte in einer Fernsehansprache zum Volk: "Sie haben allen Grund, stolz zu sein."

"Mazedonien wird geduldig sein"

Ministerpräsident Vlado Buckovski versicherte: "Mazedonien wird geduldig sein und eine konstruktive Haltung zu den Problemen Europas einnehmen." Der Kandidatenstatus werde Mazedonien wirtschaftlich helfen, sagte er.

Die Brüsseler Kommission hatte Anfang November "wesentliche Fortschritte" Mazedoniens bei politischen und wirtschaftlichen Reformen gewürdigt und - ohne Termin für den Verhandlungsbeginn - den Kandidatenstatus empfohlen. In der Woche vor dem EU-Gipfel hatte jedoch Frankreich gedroht, sich dem Beschluss zu verweigern.

In der Schlusserklärung von Brüssel wurde Mazedonien der Status eines Beitrittskandidaten mit einem Zusatz zuerkannt. Darin merkte der EU-Rat an, "dass weitere Schritte im Licht der Debatte über die Erweiterungsstrategie betrachtet werden müssen". Wie schnell künftige Erweiterungsverhandlungen geführt werden sollen, darüber soll ein EU-Gipfel im Juni 2006 entscheiden.

Krieg mit albanischen Freischärlern gestoppt

EU-Erweiterungskommissar Olli Rehn kommentierte den Brüsseler Beschluss zu Mazedonien als "das richtige Signal". Damit habe die EU allen Staaten des Balkans eine "klare politische Perspektive" gegeben.

Vor der derzeitigen Debatte um künftige Erweiterungen hatte die EU-Gemeinschaft 2003 in Thessaloniki auch den Staaten des so genannten Westlichen Balkans eine Mitgliedschaft verheißen. Von den Ländern des Balkans haben Bulgarien und Rumänien schon die feste Aussicht auf eine Mitgliedschaft 2007 oder spätestens 2008.

Mit Kroatien haben im Oktober Beitrittsverhandlungen begonnen. Mit Bosnien und Serbien-Montenegro beginnen gerade erst Verhandlungen über ein Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen.

Die EU würdigte mit ihrem Beschluss zu Mazedonien nicht zuletzt eine Befriedung des Balkanlands in den vergangenen vier Jahren. Unter Vermittlung der EU und der Nato war 2001 in Mazedonien ein Krieg mit albanischen Freischärlern gestoppt wurden.

"Interesse des Westens"

Das Abkommen von Ohrid, das die Rechte der Albaner, die ein Viertel der Bevölkerung stellen, aufwertete, ist inzwischen weitgehend umgesetzt.

Gleichzeitig ist das Interesse des Westens stark, dass der mazedonische Integrationprozess der albanischen Volksgruppe nicht durch die begonnenen Verhandlungen über die Zukunft der früher serbischen Albaner-Provinz Kosovo erneut gestört wird.

© SZ vom 20.12.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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