Live-Ticker:Wo ist Mehrheit? Wir gucken Wahl.

Lesezeit: 15 min

Jetzt sind alle Reden gehalten, alle Versprechen unterm Volk. Man redet wirr. Es ist ernst. Was geht noch? Wir rätseln mit. Der Ausfluss reinster Herzen aus der Redaktion von sueddeutsche.de.

23.03 Uhr: Auch in der nächsten Hochrechnung tut sich nichts Entscheidendes. Kollege Schönborn, unser Mister Statistics, erläutert nochmal die Überhangmandate. Auch nach deren Einbeziehung liegt die Union knapp vorn. Offen bleibt Dresden I. Da tut sich erst in zwei Wochen was. Bis dahin wird noch viel Schweiß an den Beteiligten hinab rinnen. Wir können jetzt auch nicht mehr und schalten rüber zum Gute-Nacht-Dienst. Pffffft.

22.57 Uhr: Zugegeben: Wir haben einmal komplett durchgezappt: 40 Programme weit. Und - wo wir schon beim Beichten sind: Alles sah spannender aus. Selbst die sehr beruhigende, ja fast meditative 3sat-Endlos-Aufnahme von einer vernebelt-verregneten Autobahnbrücke herab. Aber nun sind wir wieder ganz vorn bei der Eins. Schlussrunde bei Miss Creme. Es wird nicht spannender. Herr, lass Abend werden! Und er erhört uns: Sabine Ch. schaltet zu Uli W.

Eine Drohung hat sie aber noch: "Tschüss, bis nächsten Sonntag."

22.44 Uhr: Pierer. Sagt, er sei gar kein Wahlkämpfer. Habe daran überhaupt nicht teilgenommen. Schafft es, Miss Creme ruhig zu stellen. Wenigstens für ein paar Sekunden. Spricht vom lebenslangen Lernen. Bütikofer macht große Augen. Pau legt den Kopf schief. Trotzdem: Eine eher fade Geschichte ist das hier. Aber wir sind schließlich verwöhnt. Die Schröder-Performance wird heute und wahrscheinlich auch in ferner Zukunft keiner mehr toppen.

22.35 Uhr: Wir halten "Christiansen" nicht mehr aus. Wir schalten weg, sonst schlafen wir auf der Stelle ein. Erlösung auf dem Zweiten: eine Leiche auf dem Rasen. "Kommissar Beck" löst den Fall. Sat 1 ist bei der Wahlparty der CDU. Dort klammert man sich an einen Strohhalm. Er sei drei Sitze stark laut neuester Hochrechnung ZDF. Aber die Pflicht ruft: Zurück zu Frau Christiansen.

22:23 Uhr: Wulff und Steinbrück bekommen sich in die Wolle. "Kanzler Schröder hat eine Klatsche bekommen", rappelt Wulff. Publikum applaudiert. Steinbrück hält den Mund. Dann Pierer über Kirchhof, Steuersätze, komplizierte Zusammenhänge kurz vor elf. Die Aufmerksamkeit nimmt ab. Jetzt Genscher: "Fünf Millionen Arbeitslose dürfen niemanden ruhig schlafen lassen." Das Publikum ist wieder wach. Applaus. Genscher im Monolog, lange Sätze. Zum Glück hakt Christiansen nicht nach, fordert Bütikofer auf. Bei dem schlagen zwei Seelen in der Brust. Aha. Es ist eben schon spät. Alle schauen nur noch, wie in der Elefanten-Runden vorher, alle haben den Blick drauf: Wann ist hier endlich Schluss?! Frau Pau spricht von starken Frauen, zählt welche auf, keiner kennt die Namen. Bütikofer mault rum.

22.00 Uhr: Und Stoiber lernt. Sagt: "Wir sind stärkste Fraktion. Jedenfalls so wie das im Moment aussieht." Das gebrannte Kind von 2002. Da hatte er ja schon mal ein bisschen zu früh die Jubelarme oben. So sehen Sieger jedenfalls nicht aus. Rüber ins Erste zu Sabine Ch.

Miss Creme heute: braune Schuhe, schwarze Hose, obenrum eher flamingofarben, Gesamteindruck: cremig. Aber: strenge Lesebrille. Wir sind schließlich im Öffentlich-Rechtlichen, nicht wahr. Die Beisitzer: der ausgefallene Kandidat und Top-Schwiegersohn Christian Wulff, der potenzielle SPD-Großkoalitionär Peer Steinbrück, der grüne Kugelfisch Reinhard Bütikofer, the one and only Gensch-Män (leider ohne Pulli), Petra-offen+ehrlich-PDS-Pau, der Wen-darf-ich-denn-jetzt-beraten-Berater Heinrich von Pierer und der gänzlich unspektakuläre Was-wird-denn-jetzt-Parteienforscher Professor Jürgen Falter - what a round!

Die erste Viertelstunde ist rum und wir wünschen uns diese wunderbar abgedrehte Elefantenrunde von viertelnachacht zurück. Miss Creme fragt: Was soll nun werden? Pierer meint: "Man darf nicht stehen bleiben." Wulff: guckt. Genscher: guckt. Er hat ja recht. Auch wenn er es nicht allen recht machen kann. Sagt: "Wir müssen um uns Kostenpositionen bemühen." Das sind sie doch, die Sätze, die wir jetzt hören wollen. Um Kostenpositionen bemühen! Das toppt ums Haar noch die Jamaica-Koalition.

Pierer schlägt die direkte Brücke zum Hochsprung. So ist das bei Christiansen. Jeden Sonntag. Gute Nacht, Deutschland. Folglich: fast nur schwarze Anzüge in der Runde.

21.53 Uhr: Münte legt im ZDF nochmal nach: "Die Menschen in Deutschland wollen Angela Merkel nicht als Kanzlerin." Schließt nix mehr aus, außer der PDS. Kollegin Sch. ist entsetzt: "Die haben ja alle meine Brille auf." Mr.Culture moniert derweil ungebügelte Hemden im Heute-Journal. Es ist schließlich Sonntag.

21.49 Uhr: Wieder blitzt's gelb auf dem Redaktionsmonitor: Kommando zurück, Forsa hat seine Angaben korrigiert. Die Frage bleibt: Und nü?

21.47 Uhr: Schwampel: Legalize it! Uli Wickert hat vorsichtshalber mal die Lesebrille angelegt. Probiert's jetzt mit Ministerpräsident Müller von der Außenstelle Saarland. Bei dem in Saarbrücken ist es er ruhig. Dabei hat der FC doch endlich den ersten Punkt geholt. Aber Fußball ist dort eher SPD-Sache: Genosse Klimmt sitzt im Aufsichtsrat. Und Müller? Will die Ursachen gründlich analysieren. Das Stück Verunsicherung. Reinrassiger Kirchentagsjargon. Wickert: Dankeschön. Müller: Bitteschön.

21.39 Uhr: Hallo, liebe Freunde der Lindenstraße! Wir denken auch an euch, logisch. 78 Millionen können schließlich nicht irren, oder? Also: Es wird gerade aufs Kinderkriegen angestoßen. Mit Rotwein! Na bravo. Später vielleicht mehr. Vielleicht auch nicht. Nee, bestimmt nicht.

Mr. Pilz, unser ZDF-Mann in Washington, meldet: Nun ja, der Amerikaner an sich weiß auch nicht so recht, was er mit diesem Ergebnis anfangen soll. Wird das aber relativ entspannt abwarten. Schön auch die bunten Luftballons im Hintergrund. Wirklich schön.

Diese ARD. Hält ja von den Forsa-Werten überhaupt nix. Sieht schwarz immer noch 1,1 Prozent vor rot. Mensch, Schönborn! Nimmt es wieder in den Mund, unser Hasswort des Abends: die Jamaica-Koalition. Nee du, lass mal.

21.35 Uhr: Christian Sievers, der ZDF-Außenreporter, ist wieder dran, stört beim Essen, trifft aber eher auf verhaltene Begeisterung bei den Nahrungsaufnehmern. Ein Inder sagt: "Für mich ist das nichts Neues. In Indien jedes Mal ist so." Na dann. Da stört uns schon wieder die nächste Eilmeldung: Forsa-Hochrechnung: SPD hat drei Sitze mehr im Bundestag als Union. Und nü?

21:15 Uhr: Jetzt wird es wirklich bitter: 21:15 Uhr, die Republik wankt, der Kanzler pöbelt, Stoiber zerfurcht, Fischer nicht witzig und Frau Merkel allein kennt die Realität - und dann das: Die ARD zeigt Schwangerschaftstests in der Lindenstraße. Das erst ist wirklich das Ende! Also zum ZDF-Hahne gezappt. Da ist eh mehr los, weil nur dort der Abstand inzwischen auf 0,8 Prozent gesunken ist. Weiterzappen. Susann Bühler auf BW: "Bitte Wenden" oder was? Ein Jackett mit Block-Streifen wie zu Honnecker-Zeiten.

Auf Phoenix hatten wir ja eigentlich eine Doku über den Wechselwähler von 1892 bis heute erwartet. War aber nix. N24 zeigt die jubelnde SPD mit dem Plakat: Umfragesiegerbesieger. Daneben Hans-Peter Hagemes mit stark gewelltem Halbgrauhaupthaar. Dann Schwenk über die Statue im Willy-Brandt-Haus und zurück zur Frisur: "Große Blumentöpfe kann die SPD nicht holen." Dann Schwenk auf B... Eilmeldung: "Berlin (AP) Das Forsa-Institut sieht die SPD als stärkste Fraktion im Deutschen Bundestag." Fragen, Kienzle?

Noch kurz das hier - die Konkurrenz der Nadelstreifen auch hier: BamS-Chef Claus Strunz im Ganzganzenggenadelten und Michel Friedman im edel staatstragenden Pyjama-Look erörtern Deutschland! Aber das will die Welt nicht wissen. Oder wollen Sie wissen, dass beim MDR Rudi Carrell Telly Savallas als Friseur einen Scheitel legt - Aufzeichnung 1972, (geschätzt).

21.03 Uhr: Wir sind bei Uli Wickerts Tagesschau Extra. "Frau Merkel hat zugelegt. Im Vergleich zu den Wahlen vor drei Jahren", sagt er. Zusammenfassung, deshalb nun wieder ins Zweite. Mit der Pizza im Bauch nun die Diskussion: Was war mit Schröder los? Wenn jetzt gewählt werden würde, hätte der keine 25 Prozent bekommen. "Viel dummes Zeug hat er geredet", sagt Rüttgers aus NRW. Wir haben nun die Wahl: Niebel im Ersten, Brüderle im Zweiten. Ab ins Dritte. Eine S-Bahn fährt vorbei. Nee, das wollen wir auch nicht. Sat 1 sendet Andi McDowell, Tiefergelegtes auf RTL. Big Brother und fort sind wir. Heiner Lauterbach und Nina Hoss auf Kabel. Sehr schön. Aber wir sind ja bei der Arbeit.

Weiter geht's zur Wiesn auf münchen.tv. Niebel ist weg auf dem Ersten. Wickert fasst zusammen. Das ZDF nun Stimmen aus dem Volk: "Es wird eine Eierei geben." Zwei sehr hübsche Grüne freuen sich: "Es gibt kein Schwarz-Gelb." Jetzt der Struck. Der hat dieselbe Titan-Brille auf der Nase wie Stoiber, Markwort und Rumsfeld. Ampel? "Ich denke schon. Ich habe keine Schwierigkeit mit der FDP außer mit der Wehrpflicht", so der Verteidigungsminister. Vielen Dank für das Gespräch.

20.59 Uhr: Eine neue Hochrechnung. SPD 34,2 gegen 35 der Union. Es wird knapper. Der gewaltige Schröder-Auftritt bekommt somit eine gewisse Erklärung. Wer weiß, wie sich die Prozente noch entwickeln werden.

20.56 Uhr: Gleich ist das Elefanten-Gerumpel zu Ende. Frau Merkel ist ruhig geblieben und redet, redet, redet. Was, ist schon egal. Schluss. Die Elefanten ziehen sich in das rettende Gebüsch zurück, der eine wälzt sich noch ein bisschen, so die Abmoderation. Und weg sind sie. Dafür ist unsere Pizza jetzt da. Mahlzeit.

20.48 Uhr: Es wird ruhiger. Alle mal durchschnaufen nach diesem gewaltigen Kanzler-Ausritt. Sieht fast so aus, als ginge es um Politik. Fischer ist froh, wenn die Runde zu Ende ist. Sagt das auch. Wird aber gebeten, noch zehn Minuten auszuhalten. Wir sind zuversichtlich: Der schafft das!

Quoten-Bisky muss jetzt mal ran. Doch nun traut man sich wieder an den Kanzler. Der setzt schon zum nächsten Schwinger an, bevor die Frage an ihn auf dem Tisch ist. Aber: Surprise! Der Gerd ist wieder runter. Gibt den Staatsmann. Hätte er mal vorher machen sollen. An dieser Eskapade werden noch Heerscharen von Psychologen zu knabbern haben. "Der ist weg, weiß doch schon, welches Ticket er gebucht hat", meint Mr. Culture.

20.43 Uhr: "Der tritt morgen zurück, wirst sehen." Wir sind uns fast einig: So wie er redet, hat der Kanzler mit der Sache abgeschlossen. Wie sangen schon die Toten Hosen: "Seid ihr nur froh, dass ihr nicht Kanzler seid!" Wunderbares Lied: Sony reimt sich auf Brioni, hätte er was Ordentliches gelernt, wär er schon längst weg, der Kanzler. Sagen die Hosen.

20:31 Uhr: Lothar Bisky. Muss lustige Fragen beantworten: Kämpft jetzt wieder die Champagner-Linke gegen die Rotkäppchen-Fraktion? Ach nee, die Herren Moderatoren. Fischer schaut als wäre der Linken-Chef ein Furunkel auf seiner Nase. Gegenüber der schwarz-gelbe Block: ein Bild des Grauens.

Schröder ist wieder dran. Teilt aus als hätte ihn der Affe gebissen. Hat der was geraucht? Jamaica? Aber die Kirche will er im Dorf lassen. Immerhin. Redet sich um Kopf und Kragen. Der Agentur Reuters gehen im Tohuwabohu die Buchstaben aus: SCHRDER LEHNT GESPRCHE MIT UNION UNTER PRMISSE VON MERKEL ALS KANZLERIN AB.

Westerwelle ordnet das Geschehen im Studio schon mal ein: "Herr Schröder, ich weiß nicht, was Sie hier vor der Sendung gemacht haben." Das wäre allerdings mal interessant. Es geht heftig zur Sache: Haken Schröder, Parade Riposte vom FDP-Chef: "Ich bin jünger als Sie, aber nicht blöder." Ein Spaß. Da muss man nicht mehr lange koalitionsverhandeln. Stoiber ärgert sich über die Arroganz des Kanzlers und hat damit wohl so viel Unterstützung wie selten. Süß, der Moderator: "Herr Stoiber, ich würde so gerne eine Frage stellen." Und fragt: Ob er nach Berlin kommt. Nicht schon wieder. Natürlich wird er sich nicht festlegen, so bereit er auch immer ist und zu was auch immer.

20:19 Uhr: Der Gerd. Fast so dünnhäutig wie die zwei Moderatoren. Die erste Frage an Schröder ist noch nicht gestellt, da streitet man sich wie um Schaufel und Eimerchen im Sandkasten. Da sieht er jetzt nicht souverän aus, der Kanzler. "Hat der Drogen genommen?", fragt einer in den Raum. Das Alphatier im Schröder hat wieder die Oberhand.

Jetzt Stoiber. Stirnfalten wie von einem bayerischen Pflug gezogen. Blinzelt ins Studiolicht. Merkel nimmt nochmal nen Schluck Wasser, weiß, dass das ein bissl dauern kann, wenn der Kompagnon loslegt. Warum sitzt eigentlich Guido zwischen den beiden? Der Gerd grinst immer noch, locker auf einen Ellbogen gelehnt. "Die würde doch am liebsten losheulen jetzt", sagt einer und meint Frau Merkel.

Der Außenminister. Ohne Schlips. Gerd guckt ganz verliebt. Wir sind schon ein tolles Team, was? Spricht von der Souveränin. Meint das Volk, nicht die Merkel. Böse, die Zwischenschnitte: Merkels Gesicht, wenn Fischer redet: ein Steinbruch.

20:15 Uhr: Elefantenrunde Das ZDF, wir zappen ja wie blöde, ist offenbar ganz besoffen vom Wahlausgang. Die zeigen tatsächlich zwei Tortendiagramme mit vier Koalitionen gleichzeitig. Die sind wohl drauf wie Bob Marley aus Jamaica, selig. Heute wohl zuviel geschwampelt...

Nun in der Berliner Runde. Showroom der Mundwinkel! Merkel unverändert gen Erdmittelpunkt, Guido gen Sonne, der Kanzler ins "Historisch Weite". Bisky driftet links. Merkel sieht verheult aus: "Ich sage, das sage ich heute nicht..." Häh? Der Kanzler grinst. Frage: "Sind Sie jetzt schon zurückgetreten?" Es bleibt spannend, wir sind ja noch nicht durch ....

20:05 Uhr Man ist ja als Wähler völlig konsterniert! Was ist denn jetzt? Überraschung, Lähmung, Ungewissheit. Alle Verlierer, und es haben alle Großen deutlich verloren, reden vom Regierungsauftrag für sich - bis auf diejenigen, die gewonnen haben. Wolfgang Gerhardt von der FDP hat in beeindruckender Weise klar gestellt, dass ihm, obwohl seine Partei unglaublich zugelegt hat, dieses Ergebnis nicht behage. Es werde der Stillstand in Deutschland nur festgeschrieben. Er wolle darum als drittstärkste Kraft des Bundestages in die Opposition. Unglaublich.

Dann Focus-Mann Markwort: Jetzt drohe die Gefahr andauernder Neuwahlen. Solange, bis irgendwer dann deutlich regiert. Je länger der Abend wird, hmmm, Markwort könnte Recht behalten. Das kann niemandem behagen. Historische Erinnerungen, damals Weimar. "Jetzt droht das Chaos", so Markwort. Bald Elefantenrunde, mal sehen, was die bringt!

19:58 Uhr: Und Anne Will lacht. Grinst die ganze Zeit dermaßen keck und glücklich in die Kamera, dass es nur so eine Freude ist. Macht ihr das alles so viel Spaß oder hat die was mit dem Kameramann? Schade, jetzt gibt sie ab an die Tagesschau. Jan Hofer. Naja, Ordnung muss sein.

19:51 Uhr: Jörg Schönborn, unser Oberstatistiker. Hat endlich mal rote Ohren. Vermeldet: Nur zwei Mal war die Union schlechter, 1949 und 1998. Thomas Roth, unser Häuptling Silberlocke, schickt uns weiter nach Berlin. Aber da wird auch auf Zeit gespielt: Die Schwampel aus Jamaica macht sich bereit für die Elefantenrunde - wunderbar!

Ein Wahllokal in Pankow: Dem Wahlbeobachter von der ARD fehlt nur noch der Blauhelm. Günther Nooke hat es nicht geschafft. Und Stoiber kriegt auch noch was ab: in Bayern unter 50 Prozent. Ist das erlaubt? Das ist verboten, liebe Bayern - morgen wird nochmal gewählt. Und zur Not nochmal. Und nochmal. Bis Stoiber wieder da ist, wo er vorgestern war.

19:46 Uhr: Deutsche Oper, Unter den Linden - eine so genannte Außen-Schalte vom ZDF. Wollen wir nicht. Die Leute auch nicht. Rennen weg vor der Kamera.

Anne Will schaltet gleich weiter nach Istanbul. Warum auch nicht? Korrespondent Peter Althammer steht vor der Hagia Sofia, berichtet von den aufatmenden Türken, denen eine starke Anti-Türkei-Kanzlerin Merkel erspart bleibt.

19:33 Uhr: 34,1 für die SPD, 35,3 für die Union. Tja, bleibt spannend. Derweil redet Miss Will von der Jamaica-Koalition und von der Schwampel - ja, wo samma denn?

Jetzt kommt Kurt. Der Beck aus dem Südwesten. Kommt doch nicht. Tonprobleme. Später mehr. Tschüss, Kurt.

Dafür beim ZDF: Joschka. Frisches Hemd. "Es bleibt spannend", sagt er. Da hat er wohl recht.

Zurück ins Studio. Markwort! Muss das sein? Es muss. "Das ist ja abenteuerlich, was wir aus den Parteizentralen hören. Alle wollen gewonnen haben, dabei haben sie ja alle verloren." Vermutet einen Advokatentrick von Schröder: Wird darauf beharren, dass die SPD die stärkste Partei ist, da CDU und CSU ja zu zweit sind. Ergo: Neuwahlen! Sachen gibt's.

19:23: Da ist Gerd! Er jubelt. Lacht. Reißt die Hände hoch. Doppel-Daumen! Offenes Sakko. Sprechchöre. Münte an seiner Seite. Sachte, sachte, sagen Schröders Hände! Hände wieder oben. Angela Merkel hat viel, viel weniger Jubel bekommen von ihrer Partei! "Ich habe meinen Beitrag leisten können" - keine Reaktion seiner Zuhörer. "Aber wir haben etwas erreicht, was keiner vorausgesehen hat". Jubel im Publikum. "Wache Bürger und Bügerinnen haben gewählt. Ich bin stolz auf unsere Menschen in unserm Land". Dankeschön. Gern geschehen.

"Das demokratische Selbstbewusstsein eines Landes ist nicht erschüttert worden", so unser Noch-Nicht-Ex-Kanzler. Und die Union sei grandios gescheitert, sagt er weiter. Stabile Regierung unter seiner Führung! Das sind Gerds Worte. Er steht kerzengrade da, Knie durchgedrückt. Das Sakko ist nun zu. Er steht da wie eine Eins. Wegwerfende Handbewegung - mit denen von der PDS wird er nicht reden. In diesem Sinne wird er morgen weiterreden. Sehr staatsmännische Rede!

19:21 Uhr: Wo ist eigentlich Gerd? Kommt erst um Viertel nach acht hat er gesagt. Was der wohl jetzt gerade macht? Sitzt er mit Doris im Büro, keine Glotze an, schickt statt dessen gut gelaunt die Kinder ins Bett per Telefon?

19:16 Uhr: Mister Statistik verlautet: Die beiden Großen kommen sich immer näher. Streit im Raum, vielleicht überholt die SPD die CDU doch noch und Frau Merkel mit dem eindeutigen Regierungsauftrag steht nicht mehr auf so sicheren Füßen. Außerdem hat Herr Stoiber acht Prozent in Bayern verloren. Wir schauen in eine Glotze, da sehen alle aus wie Karotten. Die Farbe ist ein bisschen stark geworden. Wir haben Lautstärke mit Farbe verwechselt. Übrigens: Duisburg - Leverkusen: 1 zu 3. Und auch in Afghanistan hat man gewählt. Und Schalke nur Null Null in Berlin.

19:11 Uhr: Auf dem Zweiten spricht Frau Roth in einem Gobelin-Blazer, wir schalten um aufs Erste zum heiseren Joschka. Ohne Schlips, T-Shirt unter dem Hemd steht auf dem Podium und schreit seinen Leuten zu: "Feiert schön." Aber die rot-grüne Regierung ist futsch. Die Union berauscht sich an einem Plus von 1,5 Prozent. Stoiber verrät auch heute noch nicht, ob er nach Berlin kommt. Er will erst wissen, wer mit ihm am Tisch sitzen wird.

19:06 Uhr: Man muss jetzt dann doch über die FDP reden! Denn es ist ja so, dass ausgerechnet Westerwelles Windelweich-Partei mit entscheiden wird, wer in Deutschland regiert. Das ist fast wie 1982: Mal kann sie mit Grün und Schwarz, mal kann sie mit Rot und Grün. (Obwohl sie angeblich noch nicht will, aber wer weiß das schon?) Nun wird sie also umworben werden, wenn denn ... die Grünen mitmachen. Denn auch das muss man jetzt durchdenken, vor allem die Grünen-Wähler!, dass Angela Merkel an Joschka herantreten und fragen wird ... Was aber sagt dann Joschka? Kaum auszuhalten! Wie dem auch sei - Joschka und Westerwelle in einer Regierung sind nicht vorstellbar, oder...? Der unmaßgebliche, völlig unmaßgebliche Tipp von hier aus: Große Koalition.

18:56 Uhr: Nach den Ergebnissen in Bayern, wo die CSU erheblich verloren hat, muss man noch einmal auf die Frauenfrage zurück kommen. Die konservative Welt will offensichtlich keine Frau als Kanzlerin. Westerwelle reibt sich darob die Hände. Koch, Stoiber und Kollegen wetzen wohl schon die Messer.

Denn auch Angela Merkel war trotz dieser Steilvorlagen, die eine rot-rote Nicht-Regierung ihr und ihrer Partei gegeben hat, nicht dazu in der Lage, daraus Kapital zu schlagen. Im Gegenteil: Die CDU hat Anteile verloren. Und das ist etwas, womit man noch vor Tagesfrist zuletzt gerechnet hätte.

Die wirklich spannende Fragen also jetzt: Was wird aus Merkel? Nicht mehr: Was wird aus Schröder? Stattdessen: Verlust des bürgerlichen Lagers allerorten - bis auf Westerwelles FDP. Ausfransen an den Rändern. Lafo und Gysi siegen mit. Welch ein Abend!!

18.47 Uhr: Der nächste Herr in der Elefantenrunde: Stoiber, aktenbockig wie immer. Muss man mehr sagen? Große Koalition nicht ausschließen usw. Schon hat er wieder ein Packen Papier in der Hand, macht Frau Merkel auf ein paar Zahlen aufmerksam, muss dann aber den Platz am Mikro räumen. Angie spricht: "Ich werde und wir werden mit allen Parteien reden außer der Linkspartei..."

18.43 Uhr: Und nun der Profiteur von Merkels Desaster: Guido W. Kommt auch erst gar nicht zum Reden vor lauter liberaler Begeisterung. "So war's noch nie", freut er sich über die Klatscherei. Begrüßt uns bei der "drittstärksten Kraft im Bundestag". Na merci! Schmerzensschreie von Mr. Culture. "Ich kollabiere gleich." Bleibt aber trotzdem stehen. Wir brauchen ihn ja auch noch.

18.35 Uhr: Jetzt redet Angie! Aber natürlich nicht allein: Sekundant Stoiber mit viel zu rosaner Krawatte ("Sieht ja aus wie ein Telekomfahrer", meint Mr.Culture) und Beistellmännchen Kauder mit immens offenem Sakko. Hinter ihrem Rücken unterhalten sie sich, doch dann nimmt ihre Stimme Fahrt auf: "Ein eindeutiger Regierungsauftrag für die Union. Ich nehme den Regierungsauftrag mit aller Kraft an." Tja, da kann man sich nur wundern. Aber ob das wirklich was wird mit dem Durchregieren?

18.31 Uhr: "Das Land will Gerd Schröder als Kanzler." Sagt Münte. Und meint das wohl auch so. Fast so gut wie der Söder: "Ein Erfolg für die Union." So viel Schenkel hat man ja gar nicht zum Draufklopfen. Wer schon wieder alles gewonnen haben will. Müntefering, Chef der Partei, die soeben aus der Regierung gewählt wurde, kann gar nicht mit seiner Rede anfangen, so stark ist der Applaus. Muss er noch den Doppeldaumen heben. Und dann noch schnell eine Koalition mit den Linken ausschließen. Danke, Franz.

18:22 Uhr: Die grüne Frau Sager sagt es: "Die CDU bleibt unter den Ergebnissen von Herrn Stoiber!" Was sagt das uns: Offensichtlich doch, dass man auf die FDP gucken muss. Denn es war ja klar, dass FDP und CDU, der Westerwelle mit der Angie, koalieren wollen. Nun kann man aber davon ausgehen, dass auf diesem Planeten, also auch in Deutschland, die Zahl derjenigen, die die Politik der FDP wirklich wollen, geschweige denn: kennen, nicht drastisch zugenommen hat. Warum wächst dann aber ihr Anteil so unangemessen?

Ganz klar, steile These, weil man nicht Angie direkt wählen wollte. Deutschland will in weiten Teilen den Wechsel, nicht aber eine Frau direkt zur Bundeskanzlerin wählen. Also wählen die wechselwilligen nicht die CDU, die sie eigentlich wollen, sondern nur die CDU über die FDP. Diese Partei profitiert unverhältnismäßig von der Frauenfurcht im Land. Der Sieg der FDP ist die wahre Niederlage Merkels! Und jetzt kommt Münte ....

18.16 Uhr: Koch schwitzt. Im ZDF. Schließt eine große Koalition nicht aus. Gegenspieler Platzeck sieht noch ein bisschen grauer aus als sonst. Holt aber kräftig aus: "Schwarz-gelb wird dieses Land nicht regieren. Das steht schon mal fest." Koch guckt. Platzeck legt nach: "Da kann man gucken wie man will." Hach, schön.

Aber: Was nutzt es schon? "Die freuen sich zu Tode, die SPD. Als hätten sie gewonnen." Tja, da hat sie schon wieder recht, die Frau Sch.

18.06 Uhr: Aber der Wowi ist schon wieder gut drauf. "Wir sind ja noch bei den Prognosen. Wir sind ja schließlich im Einstein-Jahr - da ist noch so einiges möglich." Relativ lustig, Herr Wowereit, wirklich nur relativ.

18.03 Uhr: Immerhin: Die wahren Verlierer stehen schon fest. "Die Demoskopen!" Sagt ein Mensch im Konrad-Adenauer-Haus. "Die ganzen Umfragen hätten wir uns sparen können."

Die SPD jubelt derweil über die miesen Zahlen der CDU. Doch dann schaltet die ARD zur FDP. Was jetzt von der sonst so netten Kollegin Sch. kommt, ist dann doch nicht druckreif. Nur so viel: Sie mag die FDP nicht besonders.

18.00 Uhr: "FDP ist der Gewinner des Abends. Und somit die größten der Kleinen." Die Stimme von Kollegin Sch. erstirbt fast. "Haben wir das gewollt?" Aber so isser halt, der Wähler, zefix! 79 Prozent Wahlbeteiligung - so viel wie letztes Mal. Nur im Osten ein paar mehr. Tja.

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