"Let's Dance":Richter-Rumba

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Sind die Profis, die in einer Show mit Prominenten tanzen, Künstler oder Sportler? Die Antwort gab das Bundessozialgericht.

Von Bernd Kastner

"Kunst ist eine verrückte Suche nach Individualität", hat Paul Gauguin, der Maler, einst erklärt. So konnte man das sehen, im 19. Jahrhundert. Im verrückteren 21. Jahrhundert tut man sich schon schwerer mit einer Antwort, da ist es ratsam, hohe Richter darüber abstimmen zu lassen. So wie es sonst im Fernsehen Leute wie Jorge, Motsi und Joachim als Juroren tun, wenn sie bei "Let's Dance" Tanzvorführungen bewerten. Nun musste das Bundessozialgericht zwar nicht die ganz große Frage entscheiden, wer "Dancing Star" wird, das wäre womöglich mangels Kompetenz anfechtbar. Aber man erwartete von den Richtern in Kassel eine Antwort auf die Fragen: Was ist Kunst? Wer ist Künstler?

Vor Jahren schon hat genau dieses Gericht geurteilt, dass Dieter Bohlen ein Künstler sei, oder genauer: Dass er in "Deutschland sucht den Superstar" die Rolle eines Unterhaltungskünstlers einnehme. Und wie halten es die Juristen mit den Tänzern, genauer: den professionellen Tänzern, die Hand in Hand mit sogenannten Prominenten durch Shows wie "Let's Dance" oder "Dancing on Ice" tanzen. Künstler oder Sportler?

Gespannt auf die Antwort waren weniger die Leute vor der Glotze, wohl aber die bei der Künstlersozialkasse. Via KSK sind freiberufliche Publizisten und Künstler sozialversichert, die KSK lebt von den Abgaben von Verlagen und anderen Auftraggebern von Künstlern. Deshalb stellte die KSK eine Rechnung über 22 225,50 Euro an eine TV-Produktionsfirma, die Honorare an die Tänzer bezahlt hatte. Die Firma aber sah gar nicht ein, die Rechnung zu begleichen, das war vor etwa zehn Jahren. Das Eis der Show von damals ist längst geschmolzen, der Tanz durch die Instanzen endete erst jetzt mit einem Juryspruch des Dritten Senats: Sportler sind die Tänzer, keine Künstler. Nicht jeder werde automatisch zum Unterhaltungskünstler, bloß weil er in einem TV-Unterhaltungsformat auftrete, sagen die Richter: "Entscheidend ist vielmehr, wie die konkrete Tätigkeit der Akteure im Kontext der Fernsehshows zu beurteilen ist." In diesen Show-Fällen jedenfalls präsentierten die Tänzer ihre Kunst als Sport, ergo werden keine KSK-Abgaben fällig. Das ist das banale Ende einer verrückten Suche nach der Grenze der Kunst.

© SZ vom 29.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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