Lateinamerika:Kehrt marsch!

Brasilien, Venezuela: Bald wird man wieder nach dem Militär rufen.

Von Sebastian Schoepp

Es gab einmal eine Zeit, und sie ist noch nicht lange her, da wirkte Lateinamerika wie ein Kontinent der Erneuerung. Die Demokratien schienen sich stabilisiert zu haben, die Wirtschaft boomte, immer mehr Menschen gelang es, der Armut zu entfliehen. Ja, ein neuer Stolz auf das Geleistete machte sich breit, vor allem bei denen, die den Aufstieg in die Mittelschicht geschafft hatten. Diese Zeiten sind vorbei.

Ausgerechnet zwei der wichtigsten Länder geben derzeit ein Bild ab, bei dem es einem nur grausen kann. In Venezuela demontiert ein überforderter Machthaber die Demokratie, um seinen Hals zu retten. Präsident Nicolás Maduro faselt vom "Beginn der Revolution", dabei ist sein Wüten das Ende jedweder revolutionären Hoffnung auf mehr Gleichheit und Demokratie. In Brasilien hält sich eine üble, bis zur Lächerlichkeit selbstgerechte Clique mit Winkelzügen und Strippenzieherei an der Macht. Kaum fassbar ist in beiden Fällen die Abwesenheit jedweden Unrechtsbewusstseins. Diese korrupten "Eliten" stehen weder links noch rechts, sie sind einfach nur auf den eigenen Vorteil bedacht.

Es ist eine Frage der Zeit, vor allem in Venezuela, bis wieder die aus finstersten Epochen bekannten Rufe nach der Macht, die Ordnung schafft, erklingen werden - nach dem Militär also. Ein Teil Lateinamerikas marschiert geradewegs zurück in eine Vergangenheit, die man längst überwunden geglaubt hatte.

© SZ vom 05.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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