Landtagswahl im Saarland:Lafontaine gibt Kontra

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Der ehemalige SPD-Chef bestreitet jede Mitschuld am Wahldebakel der Sozialdemokraten: "Die Versuche der Parteiführung, durch Vorwürfe an mich von ihrem Versagen abzulenken, sind allzu durchsichtig."

Lafontaine äußert sich in einem Beitrag für die Bild-Zeitung. "Die SPD hat die Saar-Wahl wegen der Agenda 2010 und Hartz IV verloren. Ohne einen grundsätzlichen politischen Richtungswechsel wird meine Partei weitere Niederlagen kassieren", schreibt der frühere saarländische Ministerpräsident.

Ist sich keiner Schuld bewusst: Oskar Lafontaine. (Foto: Foto: AP)

In dem Zeitungsbeitrag verwahrt sich Lafontaine zugleich entschieden gegen den Vorwurf des saarländischen Ministerpräsidenten Peter Müller, er habe der NPD mit seiner Kritik an der Arbeitsmarktreform Wähler zugetrieben. Vielmehr sei Müller selbst mitverantwortlich für die beschämend niedrige Wahlbeteiligung.

"Nicht mal 27 Prozent der wahlberechtigten Saarländer haben ihn wiedergewählt, weil sie seinen Betrug - im Bundesrat für Hartz IV, im Wahlkampf dagegen - durchschaut haben", schreibt Lafontaine weiter. "Aus Protest gegen Sozialabbau und Verlogenheit wählten viele Arbeiter und Arbeitslose NPD", fügte er hinzu.

Schröder: "Wahlkampf gegen Bundesregierung und mich geführt"

Bundeskanzler Gerhard Schröder zeigte sich unterdessen unzufrieden mit der Art und Weise, mit der die Saar-SPD auf seine Kosten zu punkten versucht hatte. Der Wahlkampf sei entschieden gegen die Bundesregierung und den Bundeskanzler geführt worden.

Dennoch riet er, die Kontroversen der Vergangenheit ruhen zu lassen, um die SPD im Saarland zu alter Stärke zurückzuführen. Wenn von ihm dazu ein Beitrag erwünscht werde, "werde ich das gerne leisten", versicherte Schröder. Er hätte sich für die Freunde an der Saar ein besseres Ergebnis gewünscht. Der Bundeskanzler forderte seine Partei auf, nach vorne zu schauen.

Auch SPD-Chef Franz Müntefering kritisierte die Wahlkampfstrategie des SPD-Spitzenkandidaten. Es wäre besser gewesen, wenn sich Maas im Landtagswahlkampf ganz hinter die Reformen der Bundesregierung gestellt hätte, sagte Müntefering in Berlin.

Der Mittelweg zwischen den Forderungen des ehemaligen SPD-Chefs Oskar Lafontaine und den Reformen sei "gründlich misslungen". Müntefering geht davon aus, dass nun die "Spitze der Entwicklung" gegen die SPD gebrochen ist.

Die Wahlniederlage im Saarland sei keine Vorentscheidung für kommende Landtagswahlen und schon gar nicht für 2006. "Dass sich die Union grenzenlos freuen könnte, kann man nicht sehen", sagte Müntefering mit Blick auf die Stimmenverluste auch der CDU.

"Psychologie des Wahlkampfes zerstört"

Lafontaines Verhalten sei nicht alleine schuld an dem Ergebnis. Dadurch sei aber die "Psychologie des Wahlkampfes zerstört" und die Kraft gebrochen worden, sagte Müntefering. Insgesamt habe aber auch die "Großwetterlage" eine Rolle gespielt. Einen Parteiausschluss Lafontaines werde er nicht anregen und auch nicht anregen lassen.

Der saarländische SPD-Spitzenkandidat Heiko Maas sagte, die Diskussionen von und um Oskar Lafontaine hätten der SPD nicht geholfen, sondern geschadet. Lafontaine müsse sich entscheiden, ob er in Zukunft in der SPD oder außerhalb arbeiten wolle, fügte er hinzu.

Auf der Basis einer Drohung mit einer Linkspartei könne es keine Zusammenarbeit mit ihm mehr geben. Ein Ultimatum stellte er seinem einstigen Ziehvater und früheren Saar-Ministerpräsidenten aber ausdrücklich nicht.

Maas: "Parteiausschluss Lafontaines völlig falscher Weg"

Als "Blödsinn" wies Maas Schuldzuweisungen an Lafontaine wegen des Wahlerfolgs der NPD zurück. Auch ein Partei-Ausschlussverfahren gegen den früheren Parteichef lehnte er erneut strikt ab. "Das ist der völlig falsche Weg."

Maas nannte das schlechteste Ergebnis an der Saar seit 44 Jahren eine "klare und bittere Niederlage". Auch die schwierige Situation der SPD auf Bundesebene und eigene Versäumnisse der Landes-SPD hätten zu dem Wahldesaster beigetragen.

SPD-Generalsekretär Klaus Uwe Benneter drohte Lafontaine wegen seiner anhaltenden Kritik an der SPD und seinen Kontakten zu der geplanten neuen Linkspartei indirekt mit einem Parteiausschluss. Die Satzung der SPD greife bei Parteimitgliedern ein, die meinten, sich gegnerischen Organisationen anschließen zu müssen oder sie befördern zu müssen.

Benneter: "Keine Sonderbehandlung"

"Das weiß Oskar Lafontaine und das weiß jedes Mitglied bei uns", sagte Benneter in der ARD. "Da gibt es keine Sonderbehandlung."

Benneter sah vor allem die geringe Wahlbeteiligung als Ursache für das Wahldebakel. Die Art und Weise, wie CDU-Politiker versucht hätten, die Arbeitsmarktreformen "zu skandalisieren", zeuge darüber hinaus von "Populismus, der die rechten und linken Ränder stärkt". Insofern müssten die demokratischen Parteien darauf achten, dass sie nicht die Ränder stärkten.

"Wir haben nicht Wähler an die CDU verloren, sondern viele Wähler sind ins Nichtwähler-Lager gegangen", sagte Benneter am Montag im ARD-Morgenmagazin. Die CDU selbst habe an absoluten Stimmen 17,4 Prozent verloren.

"Nicht wackeln, sondern Kurs halten"

Ungeachtet ihrer schweren Wahlniederlage will die SPD nicht vom Reformkurs abweichen. "Nicht wackeln, sondern Kurs halten", beschrieb Benneter nach einer Sitzung des Parteipräsidiums in Berlin die politische Linie.

Zugleich sprach er mit Blick auf Umfragen im Vorfeld der Landtagswahlen am 19. September in Brandenburg und Sachsen sogar von einer Trendwende zugunsten der SPD. "Es ist zu spüren, dass sich da der Wind dreht", sagte der Generalsekretär, da immer mehr "deutlich wird, was wir mit den Reformen am Arbeitsmarkt vorhaben.

Die CDU erreichte nach dem vorläufigen amtlichen Endergebnis bei der Wahl im Saarland 47,5 Prozent und baute damit ihre absolute Mehrheit aus. Die SPD kam nach Verlusten von 13,5 Prozentpunkten nur noch auf 30,8 Prozent.

Die Grünen kehrten mit 5,6 Prozent in den Saarbrücker Landtag zurück . Die FDP verdoppelte ihr Ergebnis auf 5,2 Prozent.

Hohes Protestpotenzial

Bei extrem schwacher Wahlbeteiligung von nur 55,5 Prozent zeigte sich angesichts unerwarteter Zuwächse für die rechtsextreme NPD und sonstige kleine Parteien auf 10,9 Prozent ein hohes Protestpotenzial. Die NPD erzielte 4,0 Prozent. Andere kleine Parteien erreichten zusammen 6,9 Prozent.

Im neuen Landtag ist die CDU nun mit 27 Sitzen (plus 1) vertreten, die SPD mit 18 (minus 7), Grüne und FDP mit je 3. Die Wahlbeteiligung war die schwächste in einem der alten Bundesländer.

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